Heute erinnern wir uns an den Holocaust…

Selten war der „Europäische Tag des Gedenkens an den Holocaust und der Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ wichtiger als heute.

Genau dahin führen Hass und Extremismus - an die Rampe von Konzntrationslagern. Foto: US Holocaust Memorial Museum / Courtesy Robert A. Schmuhl / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Zugegeben, der Name dieses am 27. Januar stattfindenden „Europäischen Gedenktags“ ist lang und sperrig. Aber wenn ein Gedenktag wirklich wichtig ist, dass dieser. Denn in einer Zeit, in der aggressive Glatzköpfe erneut marodierend durch die Straßen ziehen, Brandsätze schleudern und Menschen angreifen, in einer Zeit, in der verschiedene europäische Länder erneut Konzentrationslager einrichten, in einer Zeit, in der man mit ausländerfeindlichen, diskriminierenden und hasserfüllten Parolen wieder Wahlen gewinnen kann, muss man sich daran erinnern, wohin solche Entwicklungen führen – mitten hinein in die menschliche Katastrophe.

Es reicht nicht, wenn man sich heute ab und zu trifft, um sich gegenseitig zu versichern, dass so etwas wie im letzten Jahrhundert nie wieder passieren dürfe – denn wir sind längst schon wieder auf dem Weg dorthin. Wir führen Kriege, deren Auswirkungen unsere Zivilgesellschaften nicht am eigenen Leib erfahren, da diese Kriege weit weg von unserem Kontinent stattfinden, wir diskriminieren erneut Minderheiten, es werden erneut Hassparolen und Beleidigungen ganzer Bevölkerungsgruppen gebrüllt. Die Anzahl rechtsextrem und neonazistisch motivierter Straf- und Gewalttaten explodiert momentan, befeuert von den Hassparolen derjenigen Politiker, die sich ansonsten gegenseitig Orden dafür umhängen, was für eine „großartige Friedensarbeit“ sie leisten. Dem Zynismus sind kaum noch Grenzen gesetzt.

Was viele längst vergessen haben, ist der Umstand, dass ein Regime wie der Naziterror durch demokratische Wahlen ermöglicht wurde. Was wiederum bedeutet, dass die gesamte Gesellschaft eine Verantwortung bei der Entstehung von totalitären Systemen trägt. Dass die 40 Millionen Toten der letzten beiden Weltkriege, die Judenverfolgung und eine weltweite Katastrophe nur möglich waren, weil unsere Vorväter im entscheidenden Moment nicht den Mut hatten aufzustehen und sich gegen diese Entwicklung zur Wehr zu setzen. Schlimmer noch – Hitler kam am Ende der Weimarer Republik durch etwas an die Macht, was wir heute „Protestwahl“ nennen würden. Die Menschen hatten die Nase voll von den zerstrittenen traditionellen Parteien und gaben Hitler die Schlüssel zum Land in die Hand. Mit dem Ergebnis, das wir alle kennen.

Wenn heute, am 27. Januar, ganz Europa an den Holocaust denkt und daran, wie man Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhindern kann, dann ist die erste Antwort ganz einfach – mit dem Stimmzettel. Wir müssen uns endlich abgewöhnen, versagende Politiker dadurch „abstrafen“ zu wollen, dass wir Extremisten wählen, mit der Ansage „viel schlimmer können die es auch nicht machen“. Doch, können sie. Und sollte sich die Geschichte wiederholen, dann tragen wir erneut die Verantwortung dafür. Es wäre wesentlich schlauer, würden wir die Lektionen der Geschichte lernen und endlich die Hassprediger, Brunnenvergifter und Extremisten zum Teufel jagen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste