Muss eine Rotterdamer Brücke wirklich weichen – für Jeff Bezos Segeljacht?

Raubbau an einem historischen Bauwerk in Rotterdam? Damit Jeff Bezos neue Super-Jacht ins Meer gelangen kann, müsste die historische Brücke „De Hef“ demontiert werden.

Hätte man nicht vorher merken können, dass dieses historische Bauwerk zwischen Jeff Bezos Jacht und dem Meer liegt? Foto: FotoSJORS / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Karl-Friedrich Bopp) – Die historische Koningshaven Brücke bedeutet viel für die Bevölkerung im niederländischen Rotterdam. Im Volksmund heißt die Brücke auch liebevoll „Hefbrug“, was so viel wie Hebebrücke bedeutet. Die ältesten Bauelemente reichen bis ins Jahr 1878 zurück. Im 2. Weltkrieg von den Deutschen zerstört, war sie eines der ersten Bauwerke, das 1946 wiederaufgebaut wurde. Die Hefbrug ist eine ehemalige Eisenbahnbrücke und verkürzte zu seiner Zeit die Strecke von Rotterdam nach Brüssel.

Seit 1993 ist sie nicht mehr im Gebrauch. Doch die Rotterdamer Bevölkerung stellte sich vehement gegen den geplanten Abriss. Schließlich wurde im Jahr 2000 die Brücke unter Denkmalschutz gestellt. Von 2014 bis 2017 von Grund auf restauriert und damit noch bestens in Schuss, soll sie jetzt allerdings doch abgerissen werden. Hier die erstaunlichen Hintergründe.

Jeff Bezos, als Besitzer von Amazon inzwischen 170 Milliarden Euro schwer und damit einer der reichsten Männer auf diesem Planeten, mag gern das Große und Außergewöhnliche. Jetzt war es an der Zeit, eine Segeljacht in seine Sammlung aufzunehmen. Aber nicht irgendeine. Mit 127 Metern Länge soll sie die größte der Welt werden, über drei große Decks verfügen und um voran zu kommen, wird sie mit drei riesigen Masten ausgerüstet sein. Der Preis soll bei „vernachlässigbaren“ 430 Millionen Euro liegen.

Die Jacht wird von der Firma Oceanco in Alblasserdam gebaut. Der Ort liegt zwar am Wasser, aber etwas im Landesinneren. Damit Mister Bezos mit dem Boot die weite Welt genießen kann, muss es ins große Meer hinaus. Auf diesem Weg hängt die Koningshavener Brücke aber leider so tief, dass die Mäste der Segeljacht da einfach nicht unten durchkommen.

Die Firma hat auch schon eine Lösung. Sie hat beim Rotterdamer Gemeinderat angefragt, ob man die Brücke zu diesem Zweck nicht abbauen könne. Das ist ungefähr so, als ob das Brandenburger Tor in Berlin für ein Tagesautorennen auf die Seite geschoben werden sollte. Die Rotterdamer Verantwortlichen zögern zwar, aber geben schon mal die Richtung vor. „Aus wirtschaftlicher Perspektive und mit Blick auf den Arbeitsmarkt ist dies ein wichtiges Projekt“ heißt es. Aber es gibt auch andere Stimmen.

Die Rotterdamer Bevölkerung dagegen ist empört. Sie glaubte zunächst an einen Aprilscherz. Die bitteren Kommentare in den sozialen Medien reißen nicht mehr ab. Der Unmut lässt auch nicht nach, seitdem die Nachricht durchgesickert ist, dass der Milliardär zugesichert haben soll, die Kosten für den Ab- als auch den Wiederaufbau zu übernehmen. Offensichtlich traut auch der Rotterdamer Bürgermeister dieser Zusicherung bis jetzt nicht. Er möchte erst eine schriftliche Bestätigung der Kostenübernahme sehen, bevor er die endgültige Entscheidung trifft.

Seien wir ehrlich. Die super Segeljacht von Alblasserdam wird nicht in dessen kleinen Hafen liegen bleiben und irgendwann anfangen zu rosten. Aber ob für Milliardäre wie Jeff Bezos doch (beinahe) alles möglich gemacht wird? Rotterdams Bürgermeister Ahmed Aboutaleb erklärte jedenfalls, dass bisher noch nicht einmal ein Antrag auf den Abriss vorliegt und folglich auch noch keine Entscheidung getroffen wurde. Man wird sehen, wie Mister Bezos Super-Jacht ins Meer gelangt.

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