Muttis Abschiedsgeschenk
Wenige Stunden vor ihrem „Großen Zapfenstreich“ hat Angela Merkel es doch noch geschafft und einige bundeseinheitliche Covid-Regeln durchgeboxt. Daran wird man sich erinnern.
(KL) – Zwei Jahre lang hat sich die Bundesregierung darauf beschränkt, „Empfehlungen“ zur Bekämpfung der Covid-Krise auszusprechen und die Verantwortung letztlich den Minister-Präsidenten der Länder zu überlassen. Doch bei ihrer letzten Sitzungsrunde zwischen ihr, als geschäftsführender Bundeskanzlerin, dem designierten Kanzler Olaf Scholz und den Minister-Präsidenten, kam es dann doch noch zu bundeseinheitlichen Covid-Maßnahmen. Mit denen die Spaltung der Gesellschaft nachhaltig gestaltet wird.
So wird ein bundesweiter „Lockdown“ für nicht geimpfte Personen verhängt, der zwar nicht offen so genannt wird, aber in der Praxis genau das ist. Bundesweit „2G“, das bedeutet, dass sich nicht geimpfte Menschen so viel testen lassen können, wie sie wollen – sie bleiben vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Dass sich geimpfte, aber seit Monaten nicht getestete Menschen weiter ziemlich frei bewegen können, ist dabei keine gute Lösung, weswegen viele Experten ebenfalls Einschränkungen für Geimpfte und Genesene fordern. Und die wird es zweifelsohne auch geben. Interessant ist, dass „2G“ bundesweit gilt und damit nicht mehr von einer Inzidenz abhängig ist.
Nur Supermärkte und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs können noch von nicht geimpften Personen besucht werden, ansonsten heißt es: „Wir müssen leider draußen bleiben“… Dazu gibt es, wie schon so häufig, strenge Kontaktbeschränkungen, die in der Praxis niemand kontrollieren kann. In Regionen, in denen die Inzidenz (war die als Parameter nicht durch eine „Hospitalisierungsquote“ ersetzt worden?) 350 übersteigt, werden Bars und Diskotheken geschlossen. Dazu haben die Länder nach wie vor die Möglichkeit, selbst die Maßnahmen zu verschärfen, so wie es bereits in Bayern, Baden-Württemberg und anderswo der Fall ist, beispielsweise durch das Verhängen nächtlicher Ausgangssperren für Nicht-Geimpfte dort, wo die Inzidenz 500 übersteigt (diese Regel gilt in Baden-Württemberg).
Ansonsten wartet man ab, wie sich Europa positioniert, denn auf Anregung von Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen wird momentan geprüft, die europaweit geltenden Impf- und Genesungsnachweise nach 9 Monaten verfallen zu lassen. Und dann soll der Bundestag über eine allgemeine Impf-Pflicht ab Februar abstimmen.
Die nun auf Bundesebene beschlossenen Regeln sind insofern ein Novum, als dass bisher jedes Bundesland für sich entschied, welche Regeln es anwenden wollte und welche nicht. Dort, wo gerade kurzzeitig die Inzidenzen etwas niedriger waren, lockerte man sofort wieder alle Regeln, was meistens, wie man im Saarland sah, schon eine Woche später rückgängig machen musste. Diese auf Bundesebene beschlossenen Regeln sind allerdings insofern kein Novum, dass es sich um Maßnahmen handelt, die man seit zwei Jahren in verschiedenen Kombinationen und leider ohne Erfolg durchprobiert.
Von Europa sprechen die alte Regierung, die neue Regierung und die Ministerpräsidenten nur im Zusammenhang mit Strafmaßnahmen wie dem Entzug des „Sanitär-Passes“ – an eine kontinentale Bekämpfung des weltweit aktiven Virus denkt man lieber nicht. Denn augenscheinlich glaubt man immer noch, dass man eine solche, weltweite Pandemie am besten am heimischen Ofen bekämpft.
Und so hat Angela „Mutti“ Merkel dann ganz am Ende ihrer politischen Laufbahn doch noch die gewünschte, bundeseinheitliche Regelung bekommen. Und das ist „Muttis Abschiedsgeschenk“. Jetzt wünschen wir uns alle zu Weihnachten, dass die getroffenen Maßnahmen jetzt doch funktionieren, nachdem sie das zwei Jahre lang nicht getan haben. Und bereits heute erkennt man, dass auch Nachfolger Olaf Scholz das Werk der scheidenden Kanzlerin fortsetzt – die Gesellschaft ist heute, wie in anderen Ländern, gespalten. Und diese Spaltung in „gute“ und „schlechte“ Menschen, in verantwortungsbewusste, geimpfte Menschen (die sich zwar zumeist nicht mehr testen lassen und weiterhin das Virus verbreiten) und solche, die „aus purem Egoismus“ dafür verantwortlich sind, dass alle leiden müssen, diese Spaltung wird uns noch lange erhalten bleiben, auch, wenn die Pandemie längst Vergangenheit sein wird
Nun muss man hoffen, dass diese konzentrierten Strafmaßnahmen für nicht geimpfte Menschen die Pandemie ruckzuck aus der Welt schaffen. Denn sollte sie trotz „Lockdown“ für nicht geimpfte Menschen weitergehen, würde das gesamte Narrativ sämtlicher Regierungen zusammenbrechen, nach dem an der pandemischen Entwicklung nur die nicht geimpften Menschen Schuld sind. In wenigen Wochen werden wir mehr wissen – so oder so.
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