Na komm, Schwamm drüber…

Präsident Macron traut sich mal wieder aus seinem Palast heraus, erteilt sich selbst eine Absolution dafür, dass er das Land in Brand gesteckt hat und würde jetzt gerne über andere Themen reden.

What?! Me worry?... Foto: Amaury Laporte / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Auch, wenn Präsident Macron bei seinem Besuch im südfranzösichen Embrun kilometerweit abgeschirmt werden musste, damit er ja nicht aus Versehen in die Nähe von Bürgern kommen konnte, so waren selbst aus der Ferne die Rufe mit dem freundschaftlichen Ratschlag, er möge doch zurücktreten, nicht zu überhören. Nach dem Desaster mit seiner Rentenreform, die das Land an den Rand der Rebellion führt (nächstes Kapitel – die nächste Großdemonstration am 6. April), würde Macron jetzt am liebsten das Thema wechseln und nichts mehr von dieser Rentenreform hören. Allerdings sollte man sich im Elysee-Palast die Frage stellen, ob man nicht die Kommunikations-Berater austauschen will, denn die momentane Strategie, die Massenproteste in Frankreich einfach totzuschweigen, um zu einer nicht existenten Tagesordnung zurückzukehren, ist einfach nur amateurhaft und schlecht. Bei den Millionen, die McKinsey und Co. in Paris in den Rachen geworfen werden, könnte man eigentlich ein wenig mehr Qualität erwarten.

Nur, es wird nicht möglich sein, den Franzosen per Dekret zu verbieten, sich weiter gegen diese Regierung zu mobilisieren, die ganz offensichtlich von der Aufgabe, Frankreich zu managen, überfordert ist. Und sie werden sich weiter mobilisieren, die Franzosen, die sicherlich mit Macrons „na, das war’s jetzt aber auch mit der Rentenreform, jetzt wollen wir uns mal wieder mit anderen Dingen beschäftigen und diejenigen, die weiter protestieren, sind ohnehin Chaoten und Schläger“ wenig anfangen können. Dabei durchschauen die Franzosen auch die geradezu lächerlichen Versuche Macrons, das ganze Thema Rentenreform auf seine Premierministerin Elisabeth Borne abzuschieben, denn, so Macron, diese würde ja am kommenden Mittwoch den Gewerkschaften eine Audienz gewähren. Was Macron dabei vergaß zu sagen, ist, dass längst bekannt ist, dass die Tagesordnung für dieses Zusammentreffen mit den Gewerkschaften explizit das Thema der Rentenreform ausklammert. Worüber die Gewerkschaften dann reden wollen, wenn ihnen das einzige Thema, das Frankreich gerade umtreibt, verboten wird, ist unklar. Doch dass eine solche Holzschuh-Kommunikation in sich bereits wieder eine Beleidigung der Franzosen darstellt, von denen Macron offenbar denkt, dass sie zu blöde sind, solche billigen Manöver zu durchschauen, wird die Situation nicht beruhigen.

Dass sich der Präsident großzügig den Dilettantismus seiner Rentenreform verzeiht, ist eine Sache. Dass die Franzosen ihm hier (und auch in anderen Bereichen) nicht mehr folgen werden, eine andere. Und so hört dann auch kaum noch jemand bei den stümperhaft vorgetragenen Ablenkungsmanövern Macrons und seiner Helfer zu, denn inzwischen ist es (fast) allen Franzosen deutlich geworden, dass alles nur einem Zweck dient – die Franzosen auf die Knie zu zwingen. Allerdings sind in der Geschichte nur wenig Völker bekannt, denen es Freude gemacht hätte, von ihren Anführern „auf die Knie gezwungen“ zu werden.

Auf der anderen Seite, was soll der Mann auch tun? Unfähig, Fehler zu analysieren und einzugestehen, muss Macron nun alles daran setzen, sein Sunnyboy-Image zu pflegen und sich weiterhin als erfolgreicher Macher zu präsentieren, während sein Land in Müllbergen, städtischen Feuern, Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten im Chaos versinkt. Doch wie er nun trotz aller augenfälligen Unfähigkeit, die Menschen seines Landes positiv zu erreichen, eine solche Show für die nächsten vier Jahre durchhalten will, ist nur schwer vorstellbar. Denn was immer der Mann in diesen vier Jahren aus dem Hut zaubern wird, die Franzosen werden dagegen sein. Diese Perspektive ist durchaus problematisch, denn es könnte schwierig sein, vier Jahre lang ein Land zu regieren, das jedes Vertrauen in sein Management verloren hat.

Nur einer scheint heute in Frankreich zufrieden zu sein – Emmanuel Macron. Kann er auch, denn immerhin hat er die Absolution für das Chaos, das er angerichtet hat, vom obersten Chef Frankreichs bekommen. Wenn das nichts ist…

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