Nachrichten an den deutschen Stammtisch

Deutschland ist nach rechts gerutscht – offenbar wegen der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Wie Recht sie mit dieser Politik hat, beweist ein Bericht einer Untersuchungskommission.

Dass man in syrischen Orten wie Qunaitra nicht mehr leben kann, sollte man sogar in Clausnitz und Bautzen verstehen können. Foto: Christian Koehn / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Den Horror des Kriegs in Zahlen zu fassen ist keine einfache Aufgabe. Doch wenn man es schafft, menschliches Leiden in Zahlen auszudrücken, wird oftmals das ganze Ausmaß der Katastrophe nachvollziehbarer. Genau das hat die „Unabhängige Untersuchungskommission Syrien“ mit Hilfe des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen nun getan – mit einem sachlichen Bericht über die Lage in Syrien, der anhand von Zahlen das ganze menschliche, politische und wirtschaftliche Elend dieses geschundenen Lands belegt. Und bevor sich der deutsche Stammtisch vor Freude über das Wahlergebnis der AfD überschlägt, sollte er einmal kurz über diese Zahlen nachdenken.

Der Bürgerkrieg in Syrien, der dann auch noch gleich zu einem Stellvertreterkrieg für die Mächte der Welt, die sich als Großmächte betrachten ausweitete, tobt seit 2011. Inzwischen ist es in Syrien unübersichtlich geworden – niemand weiß mehr genau, wer wo gegen wen kämpft, doch gekämpft wird weiter, begleitet von ständigen Bombardierungen einer seltsamen „Koalition der Willigen“, zu der auch Frankreich und Deutschland gehören, und die allen Ernstes meint, mit diesen Bombardierungen zur Befriedung Syriens beizutragen und gleichzeitig den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.

Das Ergebnis dieses Kriegs gegen den Terrorismus, der Konfrontation zwischen Diktator al-Assad und seinem Volk, die Racheaktionen von Amerikanern und Franzosen wegen der Terroranschläge, der Kampf gegen die Ausbreitung des „IS“, die Nebenkriegsschauplätze, auf denen die Türkei gegen die Kurden, die Russen und sonst wen kämpft, die Gewalttaten der verschiedenen Milizen, Terrorgruppen und Armeen haben zu dem geführt, was dieser Bericht aufzeigt.

55,4. Die Lebenserwartung in Jahren eines syrischen Bürgers oder einer syrischen Bürgerin. Im Jahr 2011 betrug diese noch 70,5 Jahre. Um länger zu leben, haben die Syrier nur eine Chance – ihre Städte und Dörfer zu verlassen und auf die Flucht zu gehen, um anderswo zu überleben.

10. Der Prozentsatz der Syrer, die seit 2011 in diesem Krieg gestorben sind oder verletzt zurden. Diese Zahl macht deutlich, dass es keine Familie in Syrien mehr gibt, die nicht direkt und unmittelbar von diesem Krieg betroffen ist.

11.000.000. Die Hälfte der 22 Millionen Menschen zählenden syrischen Bevölkerung ist momentan auf der Flucht. Davon haben es 5 Millionen Menschen ins Ausland geschafft, vor allem in die Türkei, in den Libanon und nach Europa, während 6 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht sind, wobei es sich zumeist um Menschen handelt, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um die Flucht ins Ausland antreten zu können. Wenn man diese Zahlen auf Deutschland hochrechnet, dann ist das so, als befänden sich gerade ungefähr 18 Millionen Deutsche auf der Flucht im Ausland, während 22 Millionen heimatlos durch das eigene Land irren.

645. Die Zahl der Ärzte und Krankenschwestern, die von den verschiedenen Kriegsparteien in diesem Krieg getötet wurden. Gezielte Angriffe auf medizinische Strukturen sind ein Verbrechen gegen die Zivilgesellschaft und natürlich ein Verstoß gegen die Genfer Konventionen. Da aber niemand offiziell irgendwem den Krieg erklärt hat, hält sich auch niemand an diese Genfer Konventionen.

50. Der Prozentsatz der schulpflichtigen Kinder, die nicht mehr in die Schule gehen können, da entweder die Schulen in Schutt und Asche gebombt wurden oder die Lehrer geflüchtet sind. Das bedeutet, dass die nächste Generation, die Syrien wieder aufbauen muss, sollte dieser Konflikt je beendet werden können, nicht über das erforderliche schulische oder berufliche Rüstzeug verfügen wird. Und das wird den Wiederaufbau Syriens nachhaltig erschweren.

85. Der Prozentsatz der Syrer, die heute unterhalb der Armutsgrenze leben. Zwei Drittel der Syrer haben keinerlei Einkommen mehr und der Hunger ist zum regelmäßigen Gast in den belagerten Städten und Dörfern geworden. Häufig ist die einzige Möglichkeit nicht zu verhungern, sich einer der zahllosen Milizen anzuschließen, zu plündern, auf dem Schwarzmarkt Handel zu treiben oder anderen kriminellen Aktivitäten nachzugehen. Auch dies führt zu einer weiteren Verrohung der Reste der syrischen Gesellschaft, die eines Tages den Neustart des Landes beeinträchtigen wird.

Der deutsche Stammtisch sollte zweimal nachdenken, bevor er wieder Blödsinn wie „Die Merkel hat die alle eingeladen“ oder „Das Boot ist voll“ oder „Die kommen nur, um von unseren Sozialleistungen zu profitieren“ von sich gibt. Unter diesen Umständen darf sich die Frage nach der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen nicht stellen – sie ist eine moralische und menschliche Pflicht. Punkt.

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