Nachruf auf Jacques Chirac

Gestern starb eine der schillernsten Gestalten der V. Französischen Republik, der frühere Präsident und Premierminister Jacques Chirac. Ein Mann, dem auch Deutschland einiges zu verdanken hat.

Helmut Kohl und Jacques Chirac verband eine Männerfreundschaft - die sie unter anderem bei "Chez Yvonne" in Strasbourg zeigten. Foto: FEFA

(KL) – Natürlich war Jacques Chirac umstritten – welcher französische Politiker ist das nicht? Der 1932 in Paris geborene Jacques Chirac gehörte zu den auffälligsten französischen Politikern der V. Republik und leistete auch einen großen Beitrag zur deutsch-französischen Aussöhnung. Ob man seine politischen Einstellungen nun teilte oder nicht, Respekt zollen nun in Frankreich alle einem der großen Präsidenten der jüngeren französischen Geschichte.

Der Konservative Jacques Chirac stieg schon früh in die Politik ein. Mit 35 war er bereits Staatssekretär, bevor er 1974 vom damaligen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaign mit nur 42 Jahren zum Premierminister ernannt wurde. Da zwischen den beiden Staatsmännern die Verständigung nicht so recht klappte, verließ Chirac die Regierung zwei Jahre später, kandidierte 1981 erfolglos gegen François Mitterand um das Präsidentenamt und wurde 1986 erneut Regierungschef, dieses mal unter dem Sozialisten Mitterand, in einem für die französische Politik sehr ungewöhnlichen Format, der „Cohabitation“, wenn der Premierminister aus einer anderen Partei stammt als der Präsident. Diese „Cohabitation“ endete 1988, als er erneut gegen François Mitterand bei der Präsidentschaftswahl deutlich verlor.

1995 sollte es dann endlich klappen – in der Stichwahl um das höchste Staatsamt Frankreichs setzte er sich knapp gegen den Sozialisten Lionel Jospin durch und war endlich Präsident. Unter seiner Präsidentschaft wurde die Amtszeit der französischen Präsidenten von sieben auf fünf Jahre verkürzt und in seiner Amtszeit verbesserten sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich spürbar – Jacques Chirac und Helmut Kohl mochten sich und zeigten dies bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

2001 wurde Chirac in einer denkwürdigen Wahl im Präsidentenamt bestätigt, als sensationell der Rechtsextreme Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl kam und eigentlich nicht Chirac wiedergewählt, sondern vor allem der knorrige Le Pen von den Wählerinnen und Wählern verhindert wurde.

In seine zweite Amtszeit als Präsident fiel auch das Referendum über einen europäischen Verfassungsvertrag, der von den Franzosen abgelehnt wurde, ebenso wie von den Niederländern. Chirac, der mit einer Zustimmung im Bereich von 70 % gerechnet hatte, erholte sich politisch nicht mehr von dieser Niederlage.

In seinen letzten Lebensjahren saß er noch kraft seines früheren Amts im französischen Verfassungsrat, zog sich aber ansonsten aus der aktiven Politik völlig zurück. Regierungschef unter verschiedenen Präsidenten, Präsident mit Regierungschefs aus verschiedenen Parteien – Jacques Chirac hat eine lange Phase der V. Französischen Republik maßgeblich geprägt.

Auf Skandale und Skandälchen von Jacques Chirac einzugehen, ziemt sich nicht – „De mortuis nihil nisi bonum“ – möge er nun in Frieden ruhen.

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