Nachruf auf Lothar Späth

Am Freitag starb im Alter von 78 Jahren der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg Lothar Späth. Der CDU-Politiker mit dem Spitznamen „Cleverle“ war tatsächlich eines…

Lothar Späth war nicht nur Politiker und Manager, sondern auch ein Mann mit viel Humor. Möge er in Frieden ruhen. Foto: Bundesarchiv B-145 / Bild F082401-0037 / Schaack, Lothar / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Seit dem Tod von Lothar Späth sind die Zeitungen voll von den üblichen Nachrufen, was auch völlig richtig ist, wenn ein verdienter Politiker und Manager gestorben ist. Doch Lothar Späth war nicht nur der Ministerpräsident Baden-Württembergs, der das „Ländle“ mit Weitsicht ins technologische Zeitalter geführt hat, Lothar Späth war nicht nur der Manger, der Carl Zeiss in Jena aus den Trümmern wieder zu einem Weltkonzern machte, Lothar Späth war auch, was nicht jeder weiß, ein Aktivist für die deutsch-französischen Beziehungen und ein Mann, der einen wunderbaren Humor hatte. Alles Gründe, sich ein letztes Mal vor ihm zu verneigen.

Lothar Späth erwarb sich große Verdienste nicht nur in seinen zahlreichen medienwirksamen Funktionen, sondern auch als „Président Délégué“ der Straßburger Stiftung „Fondation Entente Franco-Allemande“, wo er an der Förderung zahlreicher deutsch-französischer Projekte mitwirkte, ohne dies je „an die große Glocke“ zu hängen. In diesem Zusammenhang gehörte er zu denjenigen, die mit viel Engagement daran arbeiteten, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu vertiefen und zu entwickeln.

Hätte mir jemand 1981 gesagt, dass ich eines Tages einen Nachruf auf Lothar Späth schreiben würde, hätte ich nur mit dem Kopf geschüttelt. Denn damals, mitten in der heißen Phase einer kurzen, aber heftigen Jugendrevolte in ganz Europa, hatte Lothar Späth angesichts der zahlreichen, politisch motivierten Hausbesetzungen in Baden-Württemberg, die Devise „kein Haus in Baden-Württemberg bleibt länger als 24 Stunden besetzt“ herausgegeben und just zu diesem Zeitpunkt gehörte der Autor dieser Zeilen zu einer Gruppe Jugendlicher, die das Haus in der Wilhelmstrasse 36 in Freiburg besetzt hatten. Insofern war Lothar Späth so etwas wie unser „natürlicher Feind“.

Lothar Späth nahm unsere Hausbesetzung zum Anlass, 4000 Polizisten des SEK aus Göppingen nach Freiburg zu schicken, um dort das autonome Jugend- und Kulturzentrum „Schwarzwaldhof“ zu räumen – und dennoch dauerte die Besetzung der Wilhelmstrasse 36 geschlagene acht Jahre. Als ich ihm dies einmal bei einem gemeinsamen Mittagessen erzählte, stutzte Lothar Späth kurz und – fing an zu lachen. „Acht Jahre?“, fragte er nach und stutzte erneut. „Und Sie waren dabei? Dann haben wir ja auf entgegen gesetzten Seiten gestanden. Und wir haben wohl nicht richtig aufgepasst…“. Als ich das bejahte, lachte er wieder dieses tiefe, fröhliche und echte Lachen – das ihn wirklich sympathisch machte.

Lothar Späth war, natürlich, mehr als ein Politiker, mehr als ein Manager – er war vor allem ein Mensch, der sich engagierte, der keinem konstruktiven Disput aus dem Weg ging und der sowohl in seiner politischen, wie in seiner Wirtschafts-Karriere einen großen Pragmatismus an den Tag legte. Doch neben allen Funktionen, Ämtern und Auszeichnungen war Lothar Späth vor allem eines – ein Mensch, mit Ecken und Kanten, mit Werten und Empathie. Das „Cleverle“ wird dem Land fehlen.

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