Rassistische Äußerungen: Der politische Selbstmord der Nadine Morano

Was in die Europaabgeordnete Nadine Morano gefahren ist, versteht niemand mehr. Nur eines ist klar - ihre rassistischen Äußerungen beenden ihre politische Karriere.

Nadine Morano (Die Republikaner) hat sich erst mit rassistischen Äußerungen ins Abseits manövriert, nun will sie ihren Parteichef Nicolas Sarkozy "zur Sau machen". Was für ein politischer Amoklauf! Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Man möchte der konservativen Europaabgeordneten Nadine Morano (Die Republikaner, ex-UMP) gerne die Lektüre des Monologs empfehlen, den der große Carl Zuckmayer seinem General Harras in „Des Teufels General“ in den Mund gelegt hat. Da sagte General Harras zum jungen Leutnant Hartmann, der sich Sorgen machte, weil er eine jüdische Großmutter haben könnte, folgendes: „Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor – seit Christi Geburt. Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie ‘ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons, ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch vom Elsass, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pandur, ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant – das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt – und – und der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven und der Gutenberg, und der Matthias Grünewald, und – ach was, schau im Lexikon nach. Es waren die Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt – wie die Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu einem großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Rhein – das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel. Das ist Rasse. Seien Sie stolz darauf, Hartmann – und hängen Sie die Papiere Ihrer Großmutter in den Abtritt. Prost.“ Ob Nadine Morano diesen Text wohl kennt?

Vermutlich nicht. Denn nachdem sich gestern ihre gesamte Partei, von Chef Nicolas Sarkozy bis zum Spitzenkandidatn für die Regionalwahlen im Dezember für Ostfrankreich, Philippe Richert, deutlich von ihr distanziert hatte, setzte Nadine Morano, für die Frankreich „weißer als weiß“ zu sein hat, noch einen oben drauf. Trotzig erklärte sie vor der Presse, nachdem ihr angekündigt worden war, dass sie als Spitzenkandidatin der Konservativen in ihrem Departement Meurthe-et-Moselle bei den Regionalwahlen im Dezember nicht mehr tragbar sei, dass sie ihren Parteichef Nicolas Sarkozy, sollte dieser bei den Präsidentschaftswahlen 2017 kandidieren, “zur Sau machen” werde.

Dass ihrem ersten Aussetzer, nämlich ihre rassistischen Äußerungen am Samstagabend in einer TV-Show, als sie sagte, dass “Frankreich das Land der weißen Rasse“ sei, nun genau so weiter macht, ist erstaunlich. Bisher war sie eigentlich noch nie so richtig dadurch aufgefallen, dass sie einen Stammtischjargon pflegt, doch was sie zu Sarkozy zu sagen hatte, was schon starker Tobak. Ihr “den mache ich zur Sau” (französisch “je vais le dézinguer”) ist ein ziemlich vulgärer Ausdruck, der eigentlich nahelegt, dass Nadine Morano schon längst mit ihrer Partei und ihrer politischen Karriere abgeschlossen hat.

Ihre rassistischen Aussetzer waren bereits schlimm genug, doch hätte sie durchaus noch die Möglichkeit gehabt, zurück zu rudern und die Wogen zu glätten. Stattdessen beharrte sie auf ihren Aussagen, beschimpfte diejenigen, die sie kritisierten und zog dann, als sich ihre Partei gestern eilig von ihr abwandte, gegen genau diese ins Feld.

Nicolas Sarkozy muss es bei der Ankündigung der verbal Amok laufenden Nadine Morano kalt den Rücken herunter gelaufen sein, denn der Parteichef der “Republikaner” trägt eine Menge Skandale mit sich herum, von denen einige bereits öffentlich, andere vor Gericht und vermutlich weitere noch unbekannt sind. Morano hat sicherlich in ihrer Schublade noch das eine oder andere Dokument, mit dem sie Sarkozy in Bedrängnis bringen kann. Die Frage ist nur, ob ihr noch jemand zuhören will. Denn sie hat es geschafft, sich innerhalb von drei Tagen derartig ins politische Abseits zu manövrieren, dass man sie wahrscheinlich nicht mal mehr beim nicht gerade zart besaiteten Front National haben möchte.

Nun wird sie stattdessen im Herbst jede Menge Zeit haben, da sie keinen Wahlkampf mehr zu führen hat. Vielleicht sollte Frau Morano die ihr dadurch zur Verfügung stehende Zeit nutzen und Carl Zuckmayer lesen. Da könnte sie nämlich eine Menge lernen.

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