Nächtliche Ausgangssperre im Departement Bas-Rhin

Um die rasante Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 einzudämmen, verhängt Frankreich eine nächtliche Ausgangssperre, die halb Frankreich betrifft. Ob's hilft?

Nächtliche Ausgangssperre in Frankreich im Jahr 1870... Foto: Frédéric Lix & Amédée Daudenarde / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Sechs Wochen. So lange soll die nächtliche Ausgangssperre andauern, die seit der Nacht von Freitag auf Samstag in praktisch der Hälfte aller französischen Departements gilt, von abends 21 Uhr bis 6 Uhr morgens. Nur der Weg von oder zur Arbeit ist in dieser Zeit gestattet und unaufschiebbare Gänge wie der ins Krankenhaus oder zu einem akut pflegebedürftigen Verwandten. Auch mit dem Hund darf man mal kurz um den Block ziehen. Aber wie bereits beim „Lockdown“ im Frühjahr benötigt man hierfür eine Genehmigung, die man sich selbst ausstellt, entweder online oder umständlich auf Papier.

Sechs Wochen erneuter Stillstand. Zusammen mit der faktischen Absage des Weihnachtsmarkts bricht nun auch die letzte Hoffnung des Tourismussektors der Stadt Straßburg in sich zusammen, wenigstens am Ende des Jahres ein wenig des völlig verkorksten Jahres 2020 zu retten. Nichts da – bis Anfang Dezember ist es nachts still in der Stadt und es wäre verwunderlich, würden wir nicht erneut zu einem zweiten „Lockdown“ kommen. Das zumindest will kein politisch Verantwortlicher ausschließen und das hat dann schon fast den Wert einer sanften Vorbereitung auf das, was noch kommen wird.

Weltärzte-Präsident Frank-Ulrich Montgomery ist der Ansicht, dass ein kompletter „Lockdown“ dann erforderlich sei, wenn die Anzahl täglicher Infektionen über 20.000 steigt. Wenn man bedenkt, dass am Donnerstag alleine in Frankreich 41.000 Neuinfektionen registriert wurden, dann erkennt man, wie nahe wir bereits dem nächsten „Lockdown“ gekommen sind. Für Deutschland, das seit Tagen bei um die 11.000 täglichen Neuinfektionen liegt, rechnet Montgomery damit, dass diese „magische Grenze“ von 20.000 Neuinfektionen pro Tag noch in dieser Woche erreicht wird…

Ob dieses nächtliche Ausknipsen des halben Landes (seltsamerweise ist Zentral- und Westfrankreich deutlich weniger betroffen, aber auch das südliche Elsass, das Departement Haut-Rhin, fällt nicht unter die neuen Maßnahmen) erfolgreich sein wird, das kann niemand sagen. Alle bisher probierten Ansätze haben keinen Erfolg gezeitigt. Die Dinge laufen zu lassen wie in Schweden, den Niederlanden oder Großbritannien, war ebenso wenig von Erfolg gekrönt wie das strikte französische oder israelische Vorgehen oder die Mischsysteme wie in Belgien, Deutschland oder den USA. Es nun mit der nächtlichen Ausgangssperre zu versuchen, warum nicht? Viel schlechter als die Ansätze der anderen Länder kann es auch nicht werden.

Von 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens wird aus Städten wie Straßburg wieder eine Geisterstadt. Zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Stadt normalerweise geschäftig auf das größte Ereignis des Jahres Straßburgs vorbereitet, herrscht ab 21 Uhr schlagartig gespenstische Ruhe in der Innenstadt, nur gestört vom Lärm der Stiefel der Polizei- und Armee-Patrouillen.

Doch aus das scheint nicht ausreichend zu sein. So werden bereits offen verschiedene „Lockdown“-Szenarien diskutiert, wobei der „Favorit“ der regionale „Lockdown“ zu sein scheint, doch all das werden wir bereits in kurzer Zeit erfahren. Ebenfalls in der Verlosung: eine Vorverlegung der nächtlichen Ausgangssperre auf 19 oder sogar auf 17 Uhr. Doch wenn sich die Menschen in der Zeit zwischen 6 Uhr und x Uhr weiter in Tram und Bussen drängeln und in den Geschäften unterwegs sind, dann fällt es schwer zu glauben, dass diese nächtliche Ausgangssperre wirklich das Virus stoppen kann. Das Virus ist nämlich nicht nur nachtaktiv, sondern rund um die Uhr unterwegs.

Dazu kommen nun auch wieder nur schwer nachvollziehbare Maßnahmen. So dürfen Bars und Cafés nur noch dann tagsüber Getränke servieren, wenn die Kunden gleichzeitig eine vor Ort zubereitete Mahlzeit verzehren. Wem oder wozu diese Maßnahme dienen soll, ist unklar. Am gestrigen Sonntag, bei Sonnenschein und milden Temperaturen, hielt sich allerdings kaum ein Café und kaum eine Bar an diese neue Vorschrift.

Und während überall die neuen Maßnahmen diskutiert werden, explodieren die Zahlen weiter. Und viele Beobachter der Situation sind der Ansicht, dass am Ende der nächtlichen Ausgangssperre der erneute „Lockdown“ stehen wird. Weihnachten, so die Meteorologen, könnte es dieses Jahr mal wieder Schnee geben. Doch die Chancen stehen hoch, dass wir nicht davon profitieren können.

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