Neue Hoffnung für Julian Assange
Der Skandal-Prozess gegen den australischen Whistleblower Julian Assange geht in die nächste Runde – der Londoner High Court lässt ein Berufungsverfahren gegen Assanges Auslieferung an die USA zu.

(KL) – Das oberste britische Gericht, der London High Court, hatte die USA aufgefordert, Garantien vorzulegen, dass Julian Assange im Falle einer Auslieferung in die USA, wo ihn 175 Jahre Gefängnis dafür erwarten, dass er die Welt über amerikanische Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan aufgeklärt hatte, in den USA einen „fairen Prozess“ bekäme. Dass nun der High Court entschieden hat, dass die vorgelegten Garantien nicht ausreichen und daher Julian Assange ein vollständiges Berufungsverfahren gegen seine Auslieferung autorisiert, ist einerseits ein Teilerfolg für Julian Assange, da er vorerst nicht abgeschoben werden kann, doch andererseits sitzt der Mann seit 14 Jahren in Großbritannien in Einzelhaft. Die ersten 8 Jahre in der Botschaft Ecuadors, seitdem im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London. Und dort wird er auch während seines Berufungsverfahrens bleiben müssen.
Somit wird Assanges Verfahren noch Monate und Jahre weitergehen, während sich sein Gesundheitezustand immer weiter verschlechtert. Seine Haftbedingungen im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bezeichnete der frühere Beauftragte für Folter der UNO, Nils Melzer, als Folter. Dieser Folter wird Assange auch weiterhin ausgesetzt sein, obwohl sich immerhin sein Heimatland Australien nun für seine Freilassung einsetzt, nachdem das Land ebenso wie die EU und alle europäischen Länder in diesen 14 Jahren weggeschaut und keine Stellung bezogen hatten, um nicht den „großen amerikanischen Bruder“ zu verärgern. Aus Eigeninteresse verzichten die Europäer darauf, amerikanische Kriegsverbrechen und den amerikanischen Anschlag auf Pressefreiheit und Demokratie zu verurteilen und Julian Assange kann noch von Glück reden, dass der High Court offenbar den Weg zurück zum Rechtsstaat findet.
Auch, wenn Julian Assange weiterhin wie ein Terrorist hinter Gittern sitzt, so ist dieser Zeitgewinn ein wichtiger Aufschub, der ermöglichen kann, eine politische Lösung für den Fall Assange zu finden. Immerhin erklärt vor einigen Wochen der amerikanische Präsident Joe Biden auf die Frage, ob man die Klagen gegen Julian Assange nach dieser langen Zeit einfach fallenlassen könne, dass er „darüber nachdenke“, was anders als ein kategorisches „Nein“ klingt.
Dies ist auch die letzte Gelegenheit für die EU und die europäischen Regierungen zu zeigen, dass ihre Aktionen für Whistleblower und ihr vermeintliches Engagement für Pressefreiheit und Demokratie nicht nur verlogen und geheuchelt sind. Die EU muss sich der australischen Bitte um Assanges Freilassung und Rückkehr in sein Heimatland, die sich an die USA und Großbritannien richtet, sofort vollumfänglich anschließen. Dazu sollte die EU das seit Jahren geforderte „Politische Asyl“ für verfolgte Whistleblower endlich einführen und dieses sofort Julian Assange anbieten, damit der Whistleblower über den Umweg der EU wieder ins seine Heimat zurückkehren kann.
Das Verhalten der USA in diesem Prozess, der bislang jeder Rechtsstaatlichkeit zuwider lief, ist eine menschliche und politische Katastrophe. Erst wurde in Schweden ein vermeintlicher Vergewaltigungsprozess gegen Assange inszeniert, der nach 8 Jahren still und heimlich eingestellt wurde, aber in diesen Jahren der juristische Grund war, aus dem man Assange festsetzen konnte. Dann stellte sich während des Prozesses heraus, dass die CIA Pläne hatte, Assange aus Großbritannien zu entführen und sollte das nicht klappen, ihn dort zu ermorden. Dass die USA zu keinem Zeitpunkt die von Assange veröffentlichten 700.000 Dokumente dementierten, anhand derer die amerikanischen Kriegsverbrechen nachgewiesen wurden, scheint in Europa auch niemanden zu stören. Die Feigheit der europäischen Politik, die sich so gerne als moralische Instanz aufspielt, wenn es darum geht, „Schurkenstaaten“ zu verurteilen, ist unglaublich, wenn es um amerikanisches Fehlverhalten geht.
Immerhin, der High Court hätte theoretisch auch die sofortige Auslieferung Assanges beschließen und ihn ins nächste Flugzeug nach Washington setzen können. Dass dies nicht passiert ist und offenbar das oberste britische Gericht anfängt, die Verlogenheit der USA in diesem Fall zu begreifen, ist ein Hoffnungsschimmer für Julian Assange. Doch auch dieser Hoffnungsschimmer ändert nichts an der Forderung, Julian Assange sofort freizulassen. Denn dieser Angriff auf Pressefreiheit und Demokratie dauert inzwischen schon 14 Jahre zu lang. #freejulianassange !
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