Neue Streiks rollen auf uns zu – so richtig lange Streiks!

Eigentlich stimmt der Titel gar nicht – denn die neue Streikwelle hat bei German Wings schon längst begonnen. Jetzt kündigt die GDL einen neuen Mega-Streik an, falls man keine Einigung mit der Bahn findet.

Müssen wir uns ab der zweiten Wochenhälfte auf einen 100-Stunden-Streik im Zugverkehr einrichten? Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Ist am Aschermittwoch nicht nur alles für die Narren, sondern auch für die Bahnkunden vorbei? Das zumindest droht der Chef der Lokführergewerkschaft GDL Claus Weselsky an, falls die Verhandlungen mit der Bahn bis dahin nicht erfolgreich abgeschlossen worden sind. Und damit es dann auch richtig weh tut, soll dieser Streik laut Weselsky „um die 100 Stunden“ lang werden – also vier Tage lang andauern.

Am Mittwoch um 11 Uhr läuft die Frist aus – dann findet die nächste Sitzung der Tarifkommission statt und bis dahin soll die Bahn einen Forderungskatalog („Verhandlungsprotokoll“ genannt) der GDL anerkennen. Nur auf Grundlage dieses Katalogs will die GDL weiter verhandeln, wobei nicht ganz klar ist, was die „Anerkennung“ dieses Katalogs eigentlich beinhalten soll. Schwierig – nach Aussagen der Bahn liegt dieses Papier noch gar nicht „offiziell“ vor (wobei ebenfalls unklar ist, in welcher Form ein solches Papier wem übergeben werden muss, um „offiziell vorzuliegen“) – klar ist nur, dass wir wieder einmal auf dem Weg in einen langen, nervigen Streik sind.

Claus Weselsky, der mit seiner GDL im letzten Arbeitskampf gegen den Versuch kämpfte, kleine und Nischengewerkschaften faktisch aus der Gewerkschaftslandschaft zu verbannen, hat wieder die Ärmel hochgekrempelt. Und gibt sich kämpferisch. „Wenn das Papier bis zu Beginn der Verhandlungen der Tarifkommission von allen Seiten unterschrieben worden ist, werden wir unseren Beschlussgremien die Fortführung des Streiks vorschlagen“. Und niemand zweifelt daran, dass wenn Weselsky den Streik will, die GDL diesen auch beschließen wird.

Denn – es geht nach wie vor um das gleiche Thema wie beim letzten Streik. Die GDL will für mehrere Berufsgruppen verhandeln, also nicht nur Lokführer, sondern auch Zugbegleiter, Disponenten und Lokrangierer, was die Bahn keinesfalls will, denn diese Breufsgruppen werden schlechter bezahlt als die Lokführer. Dazu will die Bahn, genau wie beim letzten Mal, lieber mit der von ihr bevorzugten EVG verhandeln und erwartet, dass die GDL sich dem mit der EVG ausgehandelten Tarif unterwirft.

Und da wird es schwierig. Denn bei der letzten Streikwelle hatten verschiedene Gerichte bestätigt, dass es das gute Recht der GDL sei, auch andere Berufsgruppen als nur die Lokführer zu vertreten und die Meinung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, nach der es in Unternehmen natürlich mehrere Gewerkschaften geben kann und darf. Nur – in der Zwischenzeit hat SPD-Arbeitsministrin Andrea Nahles dieses Recht gekippt und eine Neuerung eingeführt, die vorsieht, dass nur die größte Gewerkschaft in einem Unternehmen einen Tarifabschluss tätigen kann, dem sich dann alle anderen im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften unterwerfen müssen. Was de facto kleine Gewerkschaften zur Bedeutungslosigkeit verdammt.

Nur – zu dieser Neuerung liegen noch keine höchstrichterlichen Urteile vor und es ist stark anzunehmen, dass Weselsky die Nagelprobe machen wird. Das ist sein gutes Recht und im Grunde schuldet er dies auch seinen Mitgliedern.

Die Dummen werden, mal wieder, die Bahnkunden sein. Denn ein 100-Stunden-Streik, so Weselsksy, kann innerhalb von 24 Stunden organisiert werden, was bedeutet, dass ab der zweiten Wochenhälfte die Züge für vier Tage stillstehen können.

Doch anders als bei der letzten Streikwelle dürften dieses Mal die Sympathien auf Seiten der GDL liegen – auch, wenn die Behinderungen des Zugverkehrs für Reisende und Berufspendler ein maximales Ärgernis darstellt. Es kann aber nicht angehen, dass sich ein großes Unternehmen aussucht, mit welcher Gewerkschaft es verhandeln will, sprich, welche Gewerkschaft ihm „am liebsten“ ist und sich alle anderen den Abschlüssen unterwerfen müssen – dies wäre die Umkehrung dessen, was freie Gewerkschaften eigntlich tun sollen und wenn der Preis für eine freie Gewerkschaftslandschaft ein 100-Stunden-Streik ist, dann ist das eben so. Die Beteuerungen der Bahn, man habe doch alle getan und würde treu verhandeln, glaubt nach der letzten Streikwelle, als die Bahn mit gezielten Fehlinformationen operiert hatte, ohnehin niemand mehr.

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