Neues aus dem Morgenland
Fast hätte man übersehen, dass in Ankara immer noch der Präsident-Diktator Erdogan vor sich hin tobt. An seine Faschisten-Vergleiche hat man sich inzwischen gewöhnt, jetzt wartet er mit neuen Drohungen gegen die Kurden auf.
(KL) – Die Situation im Morgenland ist schwierig und unübersichtlich. In Syrien, im Irak und in Afghanistan sterben weiterhin täglich Menschen und an der Schnittstelle zwischen Nahem und Mittleren Osten kommt der Türkei eine geostrategische Sonderrolle zu. Diese nutzt Erdogan allerdings vor allem für eines aus – seinen persönlichen Krieg gegen die Gülen-Bewegung und die Kurden, also die einzigen, die bislang ernsthaft gegen die Terroristen des IS gekämpft haben. Und plötzlich erinnert man sich, dass Erdogan nie die Vorwürfe entkräften konnte, dass seine Familie Handel mit dem IS treibt. Und bevor diese Diskussion wieder auflebt, tönt Erdogan mit neuen Drohungen, ausnahmsweise nicht gegen Europäer.
Offiziell hat Erdogan den Militäreinsatz namens „Schutzschild Euphrat“ für beendet erklärt und eine Art Sommer- und Herbst/Winterpause in seinem eigenen Kampf gegen das, was er als Terrorismus bezeichnet, erklärt. „Wir bereiten uns darauf vor, die Terroristen auf ihren Hügeln zu erreichen. […] Wartet auf den Frühling und alle Terrorgruppen, PKK, YPG, Daesh, FETÖ werden sehr nette Überraschungen erleben“. Man kann sich vorstellen, was Erdogan meint, wenn er von „Hügeln“ und „Überraschungen“ spricht – in „Hügeln“ leben die Kurden, „Überraschungen“ dürften Aktionen wie Giftgasangriffe auf die Zivilbevölkerung und ähnliches sein, also Gräueltaten, die von der türkischen Armee bereits in der Vergangenheit verübt wurden.
Aber in was für Hügeln will Erdogan den „Islamischen Staat“ angreifen? In der Ebene von Raqqa, dem Hauptquartier der IS-Terroristen? Dort gibt es keine Hügel und man darf berechtigte Zweifel haben, dass Erdogan es mit seinem Kampf gegen den IS ernst meint. Wenn man sich die Landkarte anschaut, dann stellt man fest, dass der IS in Syrien praktisch von seinen Feinden umgeben ist. Mit wem sollte der IS Handel treiben, über welche Kanäle kann er das Öl aus syrischen Raffinerien außer Landes bringen? Über den Irak? Jordanien? Den Libanon? Alle Augen richten sich auf die Türkei…
Das offizielle Ende der Operation „Schutzschild Euphrat“ ist allerdings auch ein Hinweis darauf, dass Erdogan langsam die finanzielle Puste ausgeht, denn Militäreinsätze kosten viel Geld. Was vielleicht gar nicht so schlecht ist, denn sein Krieg gegen das kurdische Volk beraubt die Weltbevölkerung der einzigen Kämpfer, die kompromisslos gegen die Barbaren des IS vorgehen. Die Peschmerga sind tatsächlich die einzigen, die unter riesigem Einsatz gegen die islamistischen Terroristen vorgehen, während man sich bei allen anderen Kriegsteilnehmern rund um Syrien die Frage nach den eigentlichen Beweggründen stellen muss.
Und was wird passieren, wenn Erdogan dann im Frühjahr 2018 seine neue Offensive gegen die Kurden startet? Es wird ein paar müde Protestnoten geben, ein wenig Entrüstung, und ansonsten wird nichts geschehen. Damit ja nichts unsere ach so tollen Beziehungen zur Türkei belasten kann. Dabei ist der einzige, der die Beziehungen zur Türkei belastet, Recep Tayyip Erdogan.
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