New York, London und… Straßburg: Monat der Fotografie

Seit drei Jahren gehört der Monat März in Straßburg der Fotografie. Noch eine Woche lang kann man bei der „Strasbourg Art Photography“ an unterschiedlichen Örtlichkeiten in der ganzen Stadt den neusten Tendenzen der Lichtbildkunst nachspüren.

Die Wirklichkeit der Kunst - Strasbourg Art Photography. Foto: Ryo Tomo

(Michael Magercord) – Das mittlerweile auch nicht mehr ganz junge Medium der Fotografie hat in den letzten Jahren eine gewaltige technische Transformation durchgemacht, von den analogen Platten und Negativen hin zu digitalen Dateien mit binären Anordnungen von Pixeln. Und kaum ein Medium hat eine derartige Explosion seiner Verbreitung erlebt wie das gute alte Lichtbild. Wie viele Milliarden Fotos heute tagtäglich gemacht werden, wie viele Millionen davon tagtäglich durch die Netzwerke schwirren, kann niemand mehr wirklich überblicken.

Fast noch weniger lässt sich sagen, was diese Inflationsfotografie überhaupt noch zu leisten vermag: Erinnerungsarchiv, Dokument oder simple Illustration? Denn das vielleicht wirklich Neue an dem digitalen Bild ist seine einfache Manipulierbarkeit, und die Kernfrage der Reportagefotografie ist die nach der Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung geworden: Was zeigt ein Bild im Zeitalter von Photoshop noch? Ist es ein Abbild der Wirklichkeit?

Doch war sie es je? Ein Eckpfeiler der modernen Weltbetrachtung war die Erfindung der perspektivischen Darstellung in der Malerei der Renaissance. Die Perspektive schuf im Gegensatz zur planen, zeitlosen Welt des Mittelalters eine Bühne, auf deren sich das Geschehen an einem eindeutigen Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt abspielt – und die Fotografie mechanisierte diese Eingrenzung der modernen Weltbetrachtung auf Raum und Zeit.

Man spricht nicht umsonst von der „Postmoderne“, wenn man den Umstand beschreiben will, dass diese Eindeutigkeit dabei ist sich wieder aufzulösen, und die digitale Fotografie mag nicht nur Ausdruck dieses Prozesses sein, sondern sogar einer ihrer Beschleuniger. Im Grunde ist ihre Manipulierbarkeit somit ein Schritt zu einem Mehr an Wahrhaftigkeit: ja, es ist keine Wirklichkeit, die sich auf Fotos wiederfindet – ein Foto ist ein Foto ist ein Foto, nicht mehr, nicht weniger.

Wer nun trotzdem noch wissen will, wie mit dieser neuen Wirklichkeit umgegangen wird, kann sich auf Veranstaltungen wie dem „Photomonth East London“ oder eben – etwas bescheidener – der „Art Photography“ in Straßburg einen Überblick verschaffen. An so unterschiedlichen Orten wie Reisebüros, Büchereien, Restaurants und natürlich auch Galerien werden Bilder präsentiert, die so divers sind, wie Fotografie heute sein kann – von Studiokompositionen bis zu dem, was auf neudeutsch Streetfotografie heißt und künstlerische Schnappschüsse von Straßenszenen meint.

Will man eine Tendenz aus der Vielfalt der künstlerischen Darstellungsweisen der doch so zahlreichen Wirklichkeiten herauslesen, dann ist vielleicht diese auffällig: Schwarzweiß in seiner ganzen eindringlichen Schlichtheit kehrt wieder zurück. Und dazu noch die Landschaft, wie etwa die zarten und zugleich wuchtigen Baumstudien des Naturfotografen Paul Kempf oder die Bildserie und das Diaporama von einer Autofahrt einmal rund um Island von Michel Handschumacher (https://michel-handschumacher-photographie.com/) zeigen. Was will uns diese Hinwendung zum vermeintlich Einfachen sagen? Das muss in unseren postmodernen Zeiten dann wohl jeder Betrachter für sich selbst herausfinden.

Strasbourg Art Photography – ein Monat der Fotografie
Die vollständige Liste aller Fotografen und ihrer Ausstellungsorte finden Sie hier!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste