Nicht mal zurücktreten kann sie richtig

Nein, Theresa May ist noch NICHT zurückgetreten. Sie hat ihren Rücktritt nur angekündigt. Bis es soweit ist, kann sie noch jede Menge Schaden anrichten.

Buhuhu, ich habe das Land runiniert und niemand dankt mir dafür... Foto: ScS EJ

(KL) – Das trotzige Geschluchze vor den Kameras hätte sie sich auch schenken können, denn Mitleid kann man mit Theresa May genauso wenig haben wie mit, sagen wir mal, Ghaddafi oder Heinz-Christian Strache. Und nicht mal bei der Ankündigung ihres Rücktritts sagte sie die Wahrheit. Denn sie ist noch lange nicht mit dem Brexit gescheitert, wie sie sagt, sondern sie hat die Weichen gefährlich auf einen Hard Brexit gestellt und mit ihrer Weigerung, die Frage demokratisch durch das britische Volk entscheiden zu lassen, ihrem Land, Europa und der Welt massiv geschadet. Schade, dass „die-Welt-und-Europe-und-Großbritannien-ruinieren“ kein Strafbestand ist. Und der Theresa-May-Spuk ist noch lange nicht vorbei.

Zwei Dinge wird die britische Premierministerin in den rund zwei Wochen ihrer verbleibenden Amtszeit nicht tun: Ein zweites Referendum organisieren und Neuwahlen in die Wege leiten. So, wie sie sich in den Brexit verbissen hat, wird sie ein zweites Referendum nicht durchführen, denn sie weiß, dass ihr das britische Volk ihre Pläne ebenso um die Ohren schlagen würde wie das Unterhaus. Und Neuwahlen, das einzige Thema, das ihren Gegenspieler und Labour-Chef Jeremy Corbyn interessiert? Pustekuchen, denn auch das wäre zu demokratisch. Neuwahlen, das wäre das sichere Ende der Tory-Regierung, allerdings wären Neuwahlen nicht unbedingt der Beginn einer Labour-Regierung. Denn Tories und Labour implodieren gerade wie die traditionellen Parteien in fast allen Ländern Europas.

Allerdings wird Theresa May den Schiedsrichter bei der Vergabe ihrer Nachfolge spielen. Dabei wird es einen großen Unterschied machen, ob sie den billigen Trump-Verschnitt und Brexit-Hardliner Boris Johnson an die Macht winkt oder ob sie auf einen gemäßigten Nachfolger besteht, der es irgendwie schafft, den ganzen Albtraum noch vor dem „endgültigen“ Brexit-Datum am 31. Oktober zu stoppen. Dadurch, dass Theresa May erst dann gehen wird, wenn sie selbst diese Frage entschieden hat, wird sie selbst beim Abschiednehmen den weiteren Verlauf des Brexit-Dramas maßgeblich beeinflussen.

Dass ihr beim Satz „I do this with no ill will“ keine lange Nase wuchs, entkräftete einen alten Volksglauben. Selten hat ein britischer Politiker seinem Land und dessen Einheit mehr geschadet als Theresa May. Sollte der von ihr auf die schiefe Bahn gebrachte Brexit tatsächlich Realität werden, wird sie die britische Wirtschaft und die Einheit des Vereinten Königreichs ruiniert und Schottland zum Austritt bewegt haben, sie wird Öl in die seit 30 Jahren beruhigte irische Frage gegossen haben und das Land als einen politisch isolierten und wirtschaftlich taumelnden Trümmerhaufen hinterlassen.

Es gab unendlich viele Möglichkeiten, diesen Spuk aufzuhalten, den ganzen Prozess zu stoppen und das britische Volk in Kenntnis dessen, was es zu entscheiden hat, noch einmal abstimmen zu lassen. Denn selbst Theresa May musste wissen, dass das erste Referendum nicht nur auf Grundlage massivster Lügen der Brexiteers, sondern auch unter dem völlig undemokratischen Ausschluss der 3 Millionen im Ausland lebenden Briten erfolgt war. Und dass es nicht rechtlich bindend war. Und dass es unter regulären Bedingungen genau das entgegengesetzte Ergebnis erbracht hätte.

Doch das, was Theresa May bei ihrem Rücktritt in die Wege zu leiten versucht, ist nichts anderes als der harte, also der vertragslose Brexit, der für Großbritannien eine Katastrophe, für die EU ein großes Ärgernis wäre. Sie will dafür sorgen, dass die inzwischen eine Minderheitspartei gewordenen Tories die Frage des Brexit alleine entscheiden und Tatsachen schaffen, bevor jemand darauf reagieren könnte. Einzig ein zweites Referendum würde das Adjektiv „demokratisch“ verdienen, doch das wird Theresa May kurz vor ihrem Verschwinden zu verhindern wissen.

Es scheint eine neue Sitte im politischen Großbritannien zu sein, Porzellan zu zerschlagen, sich dann vom Acker zu machen und Nachfolgern das Aufräumen zu überlassen. Das hat David Cameron getan (der Hauptverantwortliche für dieses Desaster), das hat der Lügner Nigel Farage getan (nachdem er die Briten vor dem ersten Referendum mit Lügen gefüttert hatte) und nun eben auch Theresa May.

Was Theresa May in Großbritannien angerichtet hat, das haben weder die Sachsen, noch die Wikinger, noch die Normannen und nicht einmal die Nazis geschafft – sie wird als die Regierungschefin in die britische Geschichte eingehen, die das Land ruiniert, isoliert und entdemokratisiert hat.

Und deswegen – alles, aber keine Tränen zum Abschied.

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