Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen…

… es sei denn, CDU, AfD und FDP wählen morgen Björn Höcke zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen. Das allerdings wäre ein Grund, über den Bau einer Mauer nachzudenken.

Die Protagonisten von Erfurt - Björn Höcke, die inzwischen zurückgetretenen Thomas Kemmerich (FDP) und Mike Mohring (CDU) und Bodo Ramelow. Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

(KL) – Morgen ist in Thüringen der Tag der Tage. Dann wird nämlich der nächste Versuch unternommen werden, im Landtag zu Erfurt einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen. Dabei stehen sich Bodo Ramelow (Die Linke) und der gerichtsnotorische Faschist Björn Höcke (AfD) gegenüber. Der gesunde Menschenverstand will eigentlich, dass der über seine Parteigrenzen hinaus beliebte Bodo Ramelow erneut zum Ministerpräsidenten gewählt wird – nur, der gesunde Menschenverstand ist genau der Punkt, an dem es zuletzt in Thüringen gehapert hat.

Die Mathematik ist einfach: Die Linke (29 Sitze), die SPD (8 Sitze) und die Grünen (5 Sitze) verfügen zusammen über 42 Sitze (= Stimmen), die AfD hat 22 Sitze, die CDU 21 und die FDP 5. Bei 90 Sitzen im Landtag von Erfurt benötigt man also 46 Sitze, um eine Mehrheit darzustellen. Bodo Ramelow bräuchte also 4 Stimmen aus einer anderen Partei und alle Augen richten sich auf die CDU. Doch die CDU in Thüringen hat einen ganz eigenen Kopf und vor allem mehrere Mitglieder, die der AfD deutlich näher stehen als Bodo Ramelow.

Nach wie vor gilt die CDU-Parole, nach der man Ramelow „nicht aktiv wählen“ will, was nur bedeuten kann, dass sich die CDU durch die drei Wahlgänge hindurch der Stimme enthalten wird, damit Ramelow im dritten Wahlgang mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt werden kann, um dann sein Amt für eine Übergangsphase bis zu Neuwahlen 2021 antreten zu können. Soweit die Theorie.

In der Praxis tritt er aber gegen den polarisierenden Björn Höcke an und es wird sehr spannend morgen zu sehen, ob der Kandidat Höcke bei seinem Griff nach der Macht mehr als die 22 Stimmen aus seiner eigenen Fraktion erhält. Angesichts des Strategie-Gemauschels der anderen Parteien wird man erst nach dem letzten Wahlgang Gewissheit haben.

Interessant ist auch, dass das Rennen zwischen einem Kandidaten der Die Linke und einem Kandidaten der AfD ausgemacht wird. Keine der bisherigen „Volksparteien“ SPD, CDU und FDP hat die Energie in Thüringen, selbst in den Ring zu steigen. Doch wenn sich die früheren „Volksparteien“ mit der Rolle des „Königsmachers“ begnügen, dann ist das ein Zeichen der Zeit, das man in den Berliner Parteizentralen besser hören sollte.

Für morgen kann es in Thüringen nur heißen, „Schluss mit der Taktiererei, ein klares NEIN zur AfD und Björn Höcke!“. Wollen CDU, SPD und FDP künftig noch als Parteien wahr- und ernstgenommen werden, müssen sie ab dem ersten Wahlgang für Bodo Ramelow und die Demokratie stimmen. Sollten die früheren „Volksparteien“ damit Schwierigkeiten haben, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie langsam, aber sicher im Nebel der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Also Thüringen – jetzt gilt’s!

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