„Niemand hat uns mehr lieb…“

Russland mordet, vergewaltigt, plündert und bedroht die ganze Welt. Und dazu jammert Moskau, dass sich niemand im Westen mehr mit Russland an einen Tisch setzen möchte.

Daran muss sich Russland gewöhnen - bis zum Ende des Kriegs steht das Land mit der Eselsmütze in der Ecke... Foto: National Archives at College Park / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Maria Sacharowa, die Falkin unter den Falken im russischen Außenministerium, die ihren Chef Sergej Lawrow in der Außenwirkung längst überflügelt hat, war sauer. Dass keine russischen Vertreter zur Beerdigung der Queen eingeladen worden waren, ebenso wie die Vertreter Nord-Koreas und Myanmars, fand die Sprecherin des Außenministeriums skandalös. Unglaublich, so Sacharowa, dass man im Westen die Dinge nicht auseinanderhalten könne. Dabei wäre Putin ohnehin nicht nach London geflogen, dafür hätte er zuviel Angst vor westlichen Snipern gehabt.

Dass die Russen ihrem eigenen Märchen von einer „Spezialoperation“ in der Ukraine glauben, ist eine Sache. Dass man im Kreml offenbar glaubt, dass man dieses Narrativ auch im Westen schluckt, ist entweder eine völlig gestörte Wirklichkeitswahrnehmung oder einfach eine Unverschämtheit. Die Russen werden sich daran gewöhnen müssen, dass sie international aufgrund ihres völkerrechtswidrigen Angriffskriegs geächtet sind – und das wird so lange andauern, bis dieser furchtbare Krieg beendet ist.

Dass korrupte Sportverbände wie das IOC inzwischen wieder laut darüber nachdenken, wie man russische Sportler wieder in internationale Wettbewerbe bekommt, dürfte die Ausnahme bleiben. Es sollte eine Ausnahme bleiben, die hoffentlich von den Mitgliedsverbänden im IOC abgeschmettert werden wird, denn jeder Versuch so zu tun, als lebten wir in einer normalen Situation, bewegt sich im Randbereich der Apologie des russischen Angriffskriegs.

Man sollte nun auch aufhören, von „Putins Krieg“ zu sprechen, als ob 144 Millionen Russen zähneknirschend in ihren Wohnungen sitzen würden und vom Ende des Putin-Regimes und des Kriegs in der Ukraine träumen. Es gibt zwar einen Widerstand gegen diesen Krieg in Russland, der hochanständig und aller Ehren wert ist, doch der im Gesamtbild nicht sonderlich ins Gewicht fällt und von Putins Schergen schnell und geräuschlos unterdrückt wird. Nein, es ist nicht „Putins Krieg“, sondern es ist der Krieg Russlands und so lange dieser Krieg andauert, kann es keine Normalität im Umgang mit Russland und den Russen geben.

Die baltischen Staaten und Finnland haben nun gehandelt und verbieten, bis auf ganz wenige Ausnahmen, die Einreise russischer Bürger in ihre Länder, auch, wenn diese über Schengen-Visa aus anderen Ländern verfügen, die bis gestern auch die Einreise in diese Länder erlaubt haben. Man kann nicht einerseits Kriegspartei sein (und das sind wir, egal, was für ein Etikett man darauf klebt) und andererseits versuchen, „business as usual“ zu organisieren.

Die aktuelle Situation wurde von exakt einem Land ausgelöst, nämlich Russland, das die ganze Welt ins Chaos stürzt. Die Konsequenzen daraus wird Russland und werden die Russen tragen müssen, so, wie auch Deutschland während und nach dem II. Weltkrieg nicht mit den Sympathien des Rests der Welt rechnen durften, auch, wenn es damals auch in Deutschland den einen oder anderen Widerstand gab. Genauso wenig, wie der II. Weltkrieg „Hitlers Krieg“ war, kann man den heutigen Krieg als das Werk eines einzigen Mannes bezeichnen.

Wenn die Russen dann eines Tages gerne hätten, dass man sie wieder lieb hat, dann gibt es einen einfachen Weg dorthin – es reicht, dass Moskau diesen Krieg beendet, seine Truppen aus dem Nachbarland abzieht und daran mitarbeitet, die gigantischen Kriegsschäden zu regulieren. Bis es soweit ist, hat Maria Sacharowa Recht – normaler Umgang mit Russland und den Russen ist bis dahin nicht mehr möglich.

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