Notfallrationen

Ist es gesunde Vorsorge, Panikmache oder am Ende gar Zynismus? Die von den verschiedenen Regierungen vorgeschlagenen Notfall-Rationen sind für viele unerschwinglich.

Das sollte in keinem Survival Kit fehlen... Foto: James Case from Philadelphia, Mississippi, U.S.A. / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Einerseits rät man dringend von „Hamsterkäufen“ ab, gelegentlich sind bestimmte Lebensmittel bereits rationiert, niemand hat die Bilder vergessen, als beim ersten „Lockdown“ Schlägereien um Toilettenpapier in den Supermärkten ausbrachen, und andererseits liest man immer häufiger Empfehlungen von der Bundesregierung (und anderen Regierungen), die anregen, Vorräte „für 10 Tage anzulegen“, Energieträger, Camping-Kocher, Kerzen, Taschenlampen mit autonomer Versorgung (sprich: Handkurbel) und zahlreiche andere, nützliche Gegenstände und Nahrungsmittel zu horten, ohne dabei ausreichende Mengen Bargeld zu vergessen, da es beim Blackout auch nichts mehr aus dem Geldautomaten gibt.

Allerdings, auch das liest man in den entsprechenden Verlautbarungen, will man keinesfalls Beunruhigung auslösen, das wären schließlich so ein paar Vorräte, die man immer im Haus haben sollte. In der Tat. Wenn man denn ein Haus hat, was für 57,9 % der deutschen Bevölkerung nicht der Fall ist. Viele von diesen Haushalten können nicht mal eben ein paar Hundert Euro für Notfall-Rationen immobilisieren, viele von diesen Haushalten kämpfen momentan schon mit Inflation, Energie- und Lebensmittelpreisen. Menschen, die jeden Tag jeden Cent dreimal umdrehen müssen, zu empfehlen, sie mögen doch ausreichend Bargeld-Reserven zurücklegen, ist grenzwertig.

Die mit diesen Empfehlungen einhergehenden Beruhigungen sind nicht so richtig beruhigend. Seit Menschengedenken hat es in der Bundesrepublik keine solche Serie an Krisen gegeben, mussten derart weittragende Entscheidungen innerhalb kürzester Zeit getroffen werden, war Europa so direkt in einen Krieg vor der Haustür involviert gewesen. Und wann wurde die Bevölkerung zu solchen Maßnahmen aufgefordert? Rutschen wir gerade immer tiefer, als ob wir mit den Füssen in Treibsand steckten, in die Logik und Rhetorik des Kriegs?

Dann kann man nun den Herstellern von Survival-Kits nur zu glänzenden Geschäften gratulieren. Wer sich solche Vorräte anlegen kann und will, soll das herzlich gerne tun. In der Hoffnung, dass die 10 Tage reichenenden Vorräte niemals gebraucht werden. Denn sollten sie benötigt werden, stellt sich sofort die Frage, was nach diesen 10 Tagen sein wird. Ob man nun ausreichend Vorräte angelegt hat oder nicht.

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