Nur keine deutsch-französische Initiative bitte…

Die „deutsch-französische Lokomotive“ wird Europa nicht aus der Krise ziehen können. Es ist Zeit, dass die europäischen Länder gleichberechtigt am Tisch sitzen.

Diese beiden werden Europa nicht retten - sie haben es ja gerade erst an die Wand gefahren. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Alles schaut nach Berlin, wo heute ein Treffen zwischen den Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich und Italien stattfindet. Und viele erwarten sich nun, dass Merkel, Hollande und Renzi eine gemeinsame Initiative entwickeln, um Europa „zu retten“. Es wäre nett, wenn diese drei davon Abstand nehmen würden, denn sie gehören zu denjenigen, die nicht in der Lage sind, Europa den Richtungswechsel zu geben, den es dringend braucht.

Seit Jahrzehnten spricht man vom „deutsch-französischen Tandem“, doch besteht dieses Tandem nur auf dem Papier. In der Praxis haben wir es mit zwei Ländern zu tun, deren politische Systeme unterschiedlicher nicht sein könnten und die es seit Jahren nicht geschafft haben, Europa diejenigen positiven Impulse zu geben, die unser Kontinent so dringend gebraucht hätte. Speziell Deutschland hat mit seiner rigorosen Sparpolitik einen verheerenden Kahlschlag in Südeuropa angerichtet (allerdings auch in Deutschland selbst, wo der Prozentsatz der Menschen unterhalb der Armutsgrenze zu den höchsten in ganz Europa zählt) und Frankreich ist den deutschen Regierungen dabei nie in den Arm gefallen. Die „deutsch-französische Lokomotive“ ist ein hübsches Märchen, das allerdings mit der Praxis herzlich wenig zu tun hat.

Natürlich gibt es die deutsch-französische Zusammenarbeit. Diese beschränkt sich aber auf Initiativen in den Grenzregionen, auf Projekte, bei denen sich Akteure auf beiden Seiten der Grenze zu konkreten Dingen zusammen finden und gemeinsam deutsch-französisch und europäisch denken und arbeiten. Doch bereits auf regionaler Ebene funktioniert diese Zusammenarbeit nicht mehr, was unter anderem an der Inkompatibilität der Systeme liegt. Außer hehren Absichtserklärungen passiert in dieser deutsch-französischen Zusammenarbeit auf politischer Ebene nicht viel – weswegen man sich jetzt von dem irrigen Glauben abwenden sollte, dass die Lösung der europäischen Krise in Berlin und Paris zu finden sei.

Der Weg zurück nach Europa führt am politischen Establishment und den immer stärker werdenden neonationalistischen und rechtsextremen Kräften vorbei über eine grundlegende Reform der Institutionen und des politischen europäischen Systems. Was wir brauchen, ist ein starkes Europäisches Parlament, das eine gemeinsame europäische Regierung wählt, die eine Richtlinienkompetenz haben sollte – und nach dem Subsidiaritätsprinzip sollte dann das föderalistische Europa funktionieren. Wie die „Vereinigten Staaten Europas“, in dem die Nationalstaaten über weit reichende Kompetenzen in der Ausgestaltung der großen politischen Linien haben, diese großen Linien aber von einer europäischen Regierung festgelegt werden. Im Namen und im Interesse der 500 Millionen Europäerinnen und Europäer.

Ein starkes Europäisches Parlament würde die Europäische Kommission und auch den Ministerrat überflüssig machen und könnte endlich dazu beitragen, den administrativen Wasserkopf Europas zu verkleinern. Weniger Verwaltung, mehr Politik, mehr Respekt für die „kleineren“ Länder – das stünde Europa gut zu Gesicht.

Der Zeitpunkt, dies auf den richtigen Weg zu bringen, ist der Monat Mai (oder Juni) 2019 – wenn die nächsten Europawahlen stattfinden. Angesichts der aktuellen Europakrisen ist das der richtige Zeitpunkt, andere und europäisch ausgerichtete Parteien zu wählen und all denjenigen endgültig die Rote Karte zu zeigen, die Europa an den Abgrund geführt haben. Es ist noch nicht zu spät, doch der richtige Zeitpunkt aktiv zu werden ist – heute!

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