Nur ohne Marine Le Pen

Aufregung im Elsass – ein deutscher Investor will 300 Arbeitsplätze in Ensisheim schaffen – aber nur, falls Marine Le Pen nicht an die Macht kommt.

Die oder Arbeitsplätze - die Frazosen haben die Wahl... Foto: Jérémy-Günther-Heinz Jähnick / Wikimedia Commons / GNU 1.2

(KL) – Der deutsche Investor, der bei Ensisheim im Oberelsass 300 Arbeitsplätze auf einem 18 Hektar großen Grundstück mit Investitionen von 80 Millionen Euro schaffen will, hat in den Kaufvertrag für dieses Grundstück mit der Gemeinde Ensisheim eine interessante Klausel eingebaut – der Vertrag wird ungültig, falls der nächste französische Präsident Frankreich aus dem Euro-System herausnimmt. Zwar wurde die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen nicht explizit genannt, doch ist klar, wer gemeint ist – denn außer Le Pen ist von den Kandidaten nur der Linksextreme Jean-Luc Mélenchon europafeindlich eingestellt, allerdings ist Le Pen die einzige, die ausdrücklich den Ausstieg aus dem Euro fordert und im Falle eines Wahlsiegs die Einführung eines „neuen Francs“ ankündigt. Die Formel ist also einfach – Marine Le Pen oder 300 Arbeitsplätze.

Der Investor, ein Internet-Händler für Autoteile, zielt mit dieser ungewöhnlichen Klausel nicht unbedingt darauf ab, sich in die französische Politik einzumischen, sondern versucht, seine Investition zu schützen. Denn mitten in Europa wieder eine Verwaltung aufzubauen, in der mit Wechselkursen, verschiedenen Währungen und weiteren Komplikationen gerechnet werden muss, ist eine Belastung für den freien Handel.

Und das wird kein Einzelfall werden, so sehr auch der rechtsextreme Front National nun aufjault. Bereits in Großbritannien hat der angekündigte „Brexit“ dazu geführt, dass Investitionen storniert wurden und sich Investoren lieber ins Herz der Europäischen Union begeben, statt sich den Unsicherheiten und Schwankungen eines isolierten und auf ein Land beschränkten Markts auszusetzen.

Vielleicht begreifen langsam die rund 30 % der Franzosen, die von der selbsternannten „Jeanne d’Arc 2.0“ fasziniert sind, dass die nationalistische Nabelschau der Rechtsextremen ein absoluter Blödsinn in einer globalisierten Welt ist. Der Traum nationaler Größe ist eine der Fehlentwicklungen, die in den letzten beiden Jahrhunderten zu zahlreichen Kriegen in Europa geführt haben.

Die Warnung des deutschen Investors ist eindeutig: Sollte der nächste französische Präsident bis zum 31. Dezember 2017 die Mitgliedschaft Frankreichs in der Eurozone auch nur in Frage stellen, wird der Kaufvertrag ungültig und das Unternehmen wird sich einen anderen Standort suchen.

Der Front National ist natürlich geschockt, dass sein Vorhaben, Frankreich wirtschaftlich zu isolieren, zu einer wirtschaftlichen Isolierung führt. Während der Regionalrat des FN Thomas Laval empört kommentierte, dass „eine Erpressung auf Ebene des Arbeitsmarkts durch ein deutsches Unternehmen“ nicht akzeptabel sei, begreifen die Lokalpolitiker, was der Front National tatsächlich für Frankreich bedeuten würde. „Die Leute wissen nun, was eine Wahl von Le Pen bedeuten würde – den Verlust vieler Arbeitsplätze“, sagte ein Bürgermeister einer der betroffenen Gemeinden.

Marine Le Pen, das ist wie der „Brexit“. Ambitionierte Populisten gaukeln ihren Wählerinnen und Wählern nationale Größe, das Gefühl von Überlegenheit und Autonomie vor, Dinge, die in einer globalisierten Welt und innerhalb der Europäischen Union schlicht und ergreifend ein Anachronismus und Irrweg sind. Diese Populisten spielen mit dem Feuer und mit dem Wohlergehen ihrer jeweiligen Bevölkerung – und jeder muss sich in der Wahlkabine die Frage stellen, ob er die Zukunft seines Landes den absonderlichen Ambitionen solcher Politiker opfern will. Die Antwort darauf kann eigentlich nur „nein“ lauten.

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