Öffnen, schließen oder Lauterbach?

Mitten in die tapferen Lockerungs-Pläne, die inzwischen schon Bürgermeister und Landräte anstelle von Regierungen beschließen, fordert SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach das Gegenteil.

Was Karl Lauterbach sagt, gefällt nicht allen. Aber leider sagt er die Wahrheit... Foto: Petra Klawikowski / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Kaum ein Politiker polarisiert aktuell so sehr wie der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der Prototyp des Schulhof-Opfers, der täglich mit nöhlender Stimme auf allen Kanälen davor warnt, zu schnell Lockerungen zu entscheiden, denn in der Folge solcher (unkoordinierten) Lockerungen steigen systematisch die Infektionszahlen. Nun fordert Lauterbach, sämtliche Schulen bis nach Ostern zu schließen und die Zeit zu nutzen, wirksame Test-Schemata in den Schulen einzuführen und das dortige Personal entsprechend für Schnelltests mit Kindern zu schulen. Das Land schreit auf, doch – Karl Lauterbach hat absolut Recht.

Man sieht in Deutschland, ebenso wie in allen anderen europäischen Ländern, dass wir die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verloren haben. Das Wechselspiel „Lockdown – Öffnen – Lockdown“ wird das Virus weder eingrenzen, noch besiegen können. Dass die Regierungen dem Druck der Straße nachgeben, das ist zwar verständlich, aber leider auch falsch. Nach einem Jahr sind alle müde, erschöpft, stehen vor existentiellen Sorgen und wünschen sich nichts sehnlicher, als schnell wieder zum Zustand von vor der Krise zurückzukehren. Nur – das wird nicht mehr passieren.

In vielen Ländern gibt es jetzt Demonstrationen, Auseinandersetzungen mit der Polizei, Unzufriedenheit und blanke Nerven, wo man hinschaut. Viele Geschäfte und Firmen müssen schließen und viele erkennen, dass sich die Kurzarbeit schon bald in Arbeitslosigkeit verwandeln kann. Die Angst geht um – Angst vor Krankheit, Angst vor Armut, Angst vor der Zukunft. Vor diesen Ängsten kapituliert nun die Politik, indem sie viel zu früh zugesagte Lockerungen durchzieht, obwohl sie weiß, dass sie damit die Krankenhaus-Strukturen an den Anschlag bringt.

Dass mitten hinein in einen Anstieg der Infektionszahlen Lockerungen beschlossen werden, ist ein Anschlag auf die Volksgesundheit und Karl Lauterbach hat leider völlig Recht. Es ist bekannt, dass die neuen Mutationen des Coronavirus auch junge Menschen betreffen, insofern ist die Öffnung von Schulen eine Art groß angelegtes Experiment, bei dem die Kinder und Jugendlichen als „Probanden“ eingesetzt werden. Doch diese „Strategie“ wird neue Opfer kosten.

In Frankreich müssen bereits Intensivpatienten aus dem Großraum Paris in andere Regionen verlegt werden und es wird deutlich, dass wir nach wie vor am Anschlag agieren und sämtliche bisher getroffenen Maßnahmen wirkungslos bleiben.

Doch Volkes Stimme ist nach einem Jahr von den großspurigen Lügen der Politik aufgebracht und das ist völlig nachvollziehbar. Seit einem Jahr erzählt man uns, dass der ganze Spuk ziemlich schnell wieder vorbei sei, dass man die Situation im Griff habe und überhaupt, dass man die Krise deutlich besser managt als alle anderen. Das ist zwar ausgemachter Quatsch, doch niemand traut sich, den Menschen wirklich reinen Wein einzuschenken. Niemand, bis auf Karl Lauterbach. Und weil der die Dinge beim Namen nennt, wird er von allen Seiten kritisiert.

Der Kampf gegen das Virus wird zur Farce. Bürgermeister definieren die Inzidenz-Schwellen freihändig und ohne Abstimmung auf Landes- oder gar Bundesebene, die Regeln variieren von Stadt zu Stadt, von Landkreis zu Landkreis, von Bundesland zu Bundesland. Dabei sind die Ansagen der Regierung nur noch als hilflos zu bezeichnen – wenn gleichzeitig Reisen nach Mallorca wieder autorisiert werden, die Regierung aber dringend von solchen Reisen abrät, dann erkennt man, dass es keinen „Masterplan“ gibt. Und genau den fordert Karl Lauterbach, der zu den wenigen Experten zählt, der wirklich weiß, wovon er spricht.

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