Olaf Scholz – allein gegen alle

Die Brandenburg-Wahl kann nicht darüber hinwegtäuschen – die Berliner Ampel ist am Ende. Und wenn sich die SPD nichts Neues einfallen lässt, ist auch für sie 2025 Schluß.

Wann merkt Olaf Scholz, dass er inzwischen ganz alleine dasteht? Foto: Christoph Braun / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben das gleiche Problem – sie sind in ihren jeweiligen Ländern bei den Wählern unten durch. Dass die SPD in Brandenburg überraschend als stärkste Partei abgeschnitten hat, ist einzig Ministerpräsident Dietmar Woidke zu verdanken, der geradezu einen „Anti-Scholz-Wahlkampf“ geführt hat und mit Berlin nicht viel am Hut hat. Dass sich Scholz weiterhin und unbeirrbar an seiner erneuten Kanzlerkandidatur 2025 festklammert, dürfte den Absturz der SPD endgültig besiegeln. Um genauer zu erfahren, wie so etwas abläuft, müsste sich Scholz nur bei seinem Koalitionspartner FDP erkundigen…

Die Umfragewerte für Scholz und Macron sind ähnlich schlecht und in Frankreich wie in Deutschland müssen die Kandidaten ihrer Parteien in ihren jeweiligen Wahlkämpfen deutlich Distanz zu ihren Bossen nehmen, wenn sie gewählt werden wollen. Scholz und Macron sind keine politischen „Zugpferde“ mehr, sondern inzwischen ein Hindernis für ihre Parteien, die sie gerade mit viel Konsequenz ruinieren.

Gewiss, die Regierungskrisen in beiden Ländern sind verschiedener Natur. Während man in Deutschland wenigstens noch Wahlergebnisse respektiert, verwandelt sich Frankreich in eine Art parlamentarischer Monarchie, doch am Ende steht das gleiche Ergebnis: Beide Länder, die einstmals als der „Motor Europas“ bezeichnet wurden, befinden sich mitten in dramatischen Regierungskrisen, in denen die wichtigen Themen, die das Land interessieren, dem Hick-Hack der Parteien und dem Geschacher um Posten und Pöstchen zum Opfer fallen. Und diese Entwicklung ist noch lange nicht auf ihrem Höhepunkt, das ganz dicke Ende kommt in beiden Ländern noch.

Die Berliner Regierungskoalition, die Ampel, implodiert gerade. - In den drei Landtagswahlen im September schafften es die Grünen mit Hängen und Würgen und 5,1 % in einen der drei Landtage, während die FDP überall gerade noch auf 1 % der Stimmen kommt. 1 % für eine Regierungspartei! Und auch die SPD, trotz des Woidke-Erfolgs, kam bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen nur noch auf 6,1 und 7,5 % der Stimmen, eine unglaubliche politische Ohrfeige.

Nun tönt es aus der FDP, dass die Berliner Koalition wohl noch vor Weihnachten gesprengt werden wird, denn dass die Liberalen sich inzwischen bei Wahlen mit der Tierschutzpartei, der DKP und Formationen wie „Plus“ messen müssen, ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die FDP in dieser Regierungskoalition komplett untergeht. Viel besser sieht es auch nicht bei den Grünen aus, die es in den Jahren der Regierungsbeteiligung nicht geschafft haben, sich als wählbare politische Kraft zu präsentieren. Die Habecks, Baerbocks und Langs locken keine Wähler mehr hinter dem Ofen vor und gleiches gilt auch für die SPD, deren Chef Olaf Scholz offensichtlich völlig unfähig zur Selbstkritik ist und bei seinem persönlichen Niedergang nun auch die ganze Partei mit in den Abgrund ziehen will.

Der FDP wird wohl nicht viel anderes übrigbleiben, als tatsächlich die „Ampel“ zu sprengen, was der einzige Weg sein könnte, um nicht komplett aus der Politiklandschaft zu verschwinden. Sollte das tatsächlich vor Weihnachten passieren, wie Parteivize Kubicki angekündigt hat, steht Deutschland zunächst nur noch mit einer kommissarischen Regierung da und wird, wie zuvor in Frankreich passiert, Neuwahlen noch vor dem Termin der Bundestagswahl organisieren müssen. Dabei muss man damit rechnen, dass es zu ähnlichen Ergebnissen wie in Frankreich kommt – mit einer Mehrheit für die extremistischen Parteien von links und rechts, in einer Situation, in der es kaum Optionen für Koalitionen gibt, bei denen keine Extremisten beteiligt sind.

Nun rächt sich der jahrzehntelange Links-Rechts-Wechsel, bei dem am Ende die Profile der Parteien nicht mehr erkennbar waren. Die dualen Systeme zwischen „Linken“ und „Rechten“ reflektieren nicht mehr die politischen Tendenzen in der Gesellschaft und diejenigen Parteien, die weiterhin vor diesen Entwicklungen die Augen verschließen, werden eine nach der anderen von der Bildfläche verschwinden. Dies schafft zwar Platz in der politischen Mitte für neue Formationen, doch sind die extremistischen Kräfte deutlich besser aufgestellt und eilen von Wahlerfolg zu Wahlerfolg. Da nützt auch das Pfeifen im Keller der Parteioberen nichts – Deutschland und Frankreich befinden sich am Vorabend der Machtübernahme durch die Rechtsextremen.

Wie in Brandenburg eine neue Regierung ohne die AfD gebildet werden soll, ist schleierhaft. SPD und CDU, beide ohnehin nicht sonderlich erpicht auf das, was man einst „Große Koalition“ nannte, kommen zusammen auf 44 Stimmen im Potsdamer Landtag. Für die Mehrheit sind aber 45 Stimmen erforderlich und es fällt schwer sich vorzustellen, dass ausgerechnet das BSW gemeinsame Sache mit SPD und CDU machen wird und umgekehrt.

Auf Deutschland und Frankreich kommt ein richtig heißer politischer Herbst zu, inklusive fortlaufender Regierungskrise. Die beiden einzigen, die sich immer noch für Teile der Lösung halten, dabei aber selbst das Problem sind, heißen Olaf Scholz und Emmanuel Macron. Doch bis das auch der letzte begriffen hat, sind in beiden Ländern schon die Rechtsextremen an der Macht…

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