Parken in Straßburg – eine Katastrophe

Mit dem Auto nach Straßburg zu fahren, ist nur noch etwas für Betuchte. Denn die jüngste Erhöhung der Parktarife in der Europahauptstadt grenzt an moderne Beutelschneiderei.

Wo es rot ist in Strasbourg, sollte man gar nicht erst ans Parken denken... Foto: Stadt Strasbourg

(KL) – Dass die grüne Stadtregierung in Straßburg zum Ziel hat, die Stadt „autofrei“ zu gestalten, das hat inzwischen jeder verstanden. Im Zusammenhang mit dieser Zielsetzung muss man auch die Erhöhung der Parkentgelte betrachten, die seit gestern in Kraft getreten ist und von der privaten (!) Betreibergesellschaft „Streeteo“ kontrolliert wird, mit der es ständig Ärger gibt, weil deren Kontrolleure auch gerne mal Strafzettel an Autos hängen, die völlig korrekt parken. Gebongt, man will keine Autos mehr in der Innenstadt von Straßburg, soweit klar. Aber warum man dann im gleichen Atemzug das Parken teurer macht UND die Preise für den Öffentlichen Nahverkehr um 11% anhebt, das wird wohl ein „grünes Geheimnis“ bleiben. Es sei denn, das Ziel lautet, arme Menschen aus der Innenstadt herauszuhalten, damit diese das Einkaufserlebnis in den Luxus-Boutiquen der Innenstadt nicht stören.

Im „roten“ Innenstadtbereich kostet künftig die erste Stunde Parken 3,50 € und die zweite Stunde 8,00 € (!). Nein, für diesen Preis darf man den Parkplatz nicht mit nach Hause nehmen und sobald diese Parkdauer auch nur um eine Minute überschritten ist, kostet es weitere 17,00 €, allerdings nur, wenn man die Strafe innerhalb von 72 Stunden bezahlt, ansonsten werden 35,00 € fällig.

Foto: Stadt Strasbourg

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Abgesehen davon, dass die Parkscheinautomaten („Horodateurs“) EDV-Kenntisse eines Ingenieurs erfordern und für ausländische Besucher ein schier unüberwindliches Hindernis darstellen, ist Parken in der Innenstadt inzwischen ein Ding der Unmöglichkeit. Klar, es gibt die P+R-Parkhäuser, die finanziell interessant sind, da der Tagespreis in diesen Anlagen zwischen 4,20 und 4,70 € liegt und gleich auch noch das Tram-Ticket für bis zu 7 Personen beinhaltet. Das ist schön. Weniger schön ist es allerdings für ältere und gebrechliche Menschen, für diejenigen, die in der Innenstadt einen Arzttermin haben oder einen bestellten Einkauf abholen müssen. Wie diese Personen klarkommen, interessiert niemanden.

Während andere Städte in Frankreich den Öffentlichen Nahverkehr kostenlos oder zu einem fast symbolischen Preis anbieten, hat man sich in Straßburg entschieden, hier auch noch einmal zuzuschlagen – die 11 % Preiserhöhung dürften in der Tat manch einen Straßburger von der Fahrt in die Innenstadt abhalten. Aber das war ja auch gewünscht, wenn man das richtig versteht.

Für Besucher ist die Parksituation in Straßburg ein Albtraum, für den es nur wenige Lösungen gibt. Man kann in Kehl parken und von dort die Tram nehmen; man kann ein P+R-Parkhaus nutzen; oder aber man fährt gleich nach Colmar oder in eine andere elsässische Stadt, in der Besucher willkommen sind und nicht nur als Umweltschmutz behandelt werden. Doch vermutlich ist auch das gewollt, denn immerhin löst alleine das Wort „Attraktivität“ im Straßburger Rathaus bereits Schnappatmung aus.

Doch damit ist noch nicht das Ende der „Beutelschneiderei“ erreicht – schon bald wird das Parken auch in den innenstadtnahen Wohnquartieren kostenpflichtig und hier hat sich die Stadt etwas Feines einfallen lassen. Anwohnerparkausweise werden preislich gestaffelt werden und es gibt einen satten Malus für diejenigen, die arbeiten und damit sogar Geld verdienen – wer in diese Kategorie fällt, muss dann doppelt soviel berappen wie Anwohner, die weniger oder gar nichts verdienen. Faktisch wird das eine Art „Arbeitssteuer“, wobei es seltsam wirkt, dass arbeitende Menschen dafür, dass sie arbeitende Menschen sind, beim Parken vor der eigenen Haustür doppelt zur Kasse gebeten werden.

Und da diese Entscheidung, wie so häufig, nicht oder nur unzureichend kommuniziert wurde, steht es jedem und jeder frei, zu spekulieren, was das alles eigentlich soll. Erklärungen von der Stadtregierung erwartet zwar ohnehin niemand mehr, aber es fällt schon auf, dass die aktuelle Regierung, die mit dem Anspruch angetreten war, einen „neuen Politikstil“ einzuführen, inzwischen kaum noch aus ihrem Elfenbeinturm herauskommt, mit der Bevölkerung ungefähr so viel kommuniziert wie Frankreichs Präsident und den Bezug zu dieser Bevölkerung verloren hat. Dabei gab es sicherlich einen Sinn für die getroffenen Maßnahmen. Erfahren werden wir den aber wohl nicht.

Foto: Stadt Strasbourg

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