Portugal steht vor einem historischen Regierungswechsel

In Portugal haben sich die „linken“ Parteien zusammengeschlossen und werden am Dienstag die Konservativen an der Regierung ablösen. Es geht also auch ohne Ultranationalisten.

Das portugiesische Parlament, der imposante Palacio Sao Bento, könnte am Dienstag Schauplatz des Sturzes der Regierung werden. Foto: Stefan Didam, Schmallenberg / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Während überall in Europa die Rechtsextremen immer stärker werden, die Populisten angesichts der aktuellen Krisen das Kommando übernehmen und die politische Stimmung zwischen Ausländerfeindlichkeit, Korruption und neuem Nationalismus immer bedrückender wird, zeigen die Portugiesen, dass es auch anders geht. Am Dienstag wird die konservative Minderheitsregierung von Pedro Passos Coelho ihren Haushalt im Parlament zur Abstimmung stellen müssen und dabei abgewählt werden. Das linke Bündnis aus Sozialisten, Kommunisten (mit den Grünen) und dem „Linken Block“ wird die konservative Minderheitsregierung stürzen.

Genau das, was in Frankreich und in Deutschland nicht funktioniert, nämlich dass sich „linke“ Parteien ein Herz fassen und ihre ideologischen Unterschiede in einem gemeinsamen Interesse überbrücken, das funktioniert in Portugal. Das Ziel ist dabei klar – lieber eine schwierige „linke“ Regierung, in der man viel diskutieren und Positionen annähern muss, als das Land weiter den Konservativen zu überlassen. Es geht also, wenn der Wille dazu da ist.

Allerdings könnte die Geschichte noch einen Haken haben, denn die portugiesische Verfassung sieht auch die Möglichkeit vor, dass sich der portugiesische Präsident weigert, einen „linken“ Parteichef mit der Bildung einer neuen Regierung zu beauftragen (er hatte erst Ende Oktober die konservative Minderheitsregierung ernannt) – stattdessen hätte er die Möglichkeit, eine so genannte „Regierung auf Präsidenten-Initiative“ zu benennen, die aus Bürokraten bestünde. Aber ob sich der konservative Präsident Anibal Cavaco Silva trauen wird, derart offen gegen den Wählerwillen zu agieren? Sollte er sich weigern, eine „linke“ Regierung zu akzeptieren, würde er Portugal sicherlich in eine Regierungskrise und ein zumindest kurzzeitiges Chaos stürzen.

Doch hatte Silva bereits angedeutet, in welche Richtung er gehen will, denn die Beauftragung seines Parteifreunds Coelho war im Grunde bereits die erste Missachtung des Wählerwillens. Immerhin – die Portugiesen zeigen gerade, dass man Politik machen kann, ohne sich gleich in die Arme von ultranationalistischen Extremisten zu werfen. Angesichts der letzten Wahlen in Europa, angesichts des dramatischen Rechtsrucks, der gerade durch Europa geht, flammt ein wenig Hoffnung in Portugal auf, dass man Politik auch ohne braune Suppe kochen kann. Am Dienstagabend werden wir mehr wissen…

3 Kommentare zu Portugal steht vor einem historischen Regierungswechsel

  1. Also, ich freue mich SEHR über den Mut der linkeren Parteien (die PS ist es ja nur bedingt) in Portugal, über die grundsätzlichen Graben hinweg, eine Regierungsalternative zu wagen. Allerdings, Herr Littmann, nicht die PSD und nicht einmal die CDS lassen sich als ultranationalistische oder gar braune Parteien bezeichnen. Schlimm genug, dass diese Parteien mit den neoliberalen Rezepten der Troika die Mehrheit der Portugiesen in Armut und Hoffnungslosigkeit getrieben haben, da braucht man nicht noch Schlimmeres! Und: es hat geklappt!!!

  2. Ablehnungsantrag angenommen! SUPER!!! Wir dürfen gespannt auf die Reaktion des Präsidenten sein!:-)

  3. Portugal könnte damit ein Zeichen an die ganze europäische Linke aussenden – eine andere Politik ist möglich!!!

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