Rache für Sevilla…

Natürlich freuen wir uns mit der „Equipe Tricolore“ für deren hoch verdienten zweiten Weltmeistertitel. Aber irgendwie ist es auch ganz gut, dass die WM endlich vorbei ist…

Ja, auch die "boches", "chleus" und "Fritz" haben sich mit dem französischen Team gefreut... Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Als Deutscher in Frankreich zu leben ist wunderbar. Das Land ist umwerfend schön, Sprache, Kultur und Gastronomie gehören zum Besten und Schönsten, das diese Welt zu bieten hat. Nur während großer Sportereignisse ist es weniger schön, als Deutscher in Frankreich zu leben, denn während Veranstaltungen wie Fußball-WM, Olympischen Spielen oder Europameisterschaften bahnt sich von einem Tag auf den anderen ein dumpfer Antigermanismus den Weg an die Oberfläche, den man eigentlich für längst erledigt gehalten hat.

Begriffe wie „Boche“, „Chleu“, „Fritz“ etc. hört man normalerweise kaum noch in Frankreich. Doch scheint der Sport die niedrigsten Instinkte zu wecken, denn genau diese Begriffe hört man während großer Sportereignisse. Viele Kollegen gaben sich mitleidig, als die deutsche Mannschaft sang- und klanglos nach der Vorrunde die Heimreise antreten musste, und viele verstanden meine Erleichterung nicht, mit der ich dieses Ausscheiden zur Kenntnis nahm. Denn nach einer letzten Hass- und Hämewelle ebbten wenigstens die verbalen Ausfälle gegen Deutschland und die Deutschen langsam wieder ab.

Die Diskussionen in den sozialen Netzwerken erreichten einen Tiefststand. Auf Nachfragen, ob dieser Hass wirklich nötig sei, erhielt man tatsächlich Antworten wie „das ist die Rache für Sevilla!“. Für die Jüngeren: Im WM-Halbfinale 1984 (!) foulte der deutsche Torhüter Toni Schumacher den französischen Spieler Joël Battiston. Ein brutales Foul, eine Art vorsätzlicher Körperverletzung, durch nichts zu entschuldigen und seltsamerweise nicht einmal durch einen angebrachten Platzverweis geahndet. Am Ende gewann das deutsche Team das Spiel und „Sevilla“ wurde zum Inbegriff des „hässlichen Deutschen“. Geschenkt. Es war ein übles Foul. Aber Herrschaftszeiten, das ist 34 Jahre her! „Rache für Sevilla“? Da kann man nur den Kopf schütteln und am Geisteszustand des Verfassers zweifeln.

Schön war, dass die Fans auf der deutschen Rheinseite nach dem Ausscheiden des deutschen Teams nicht lange nachdenken mussten, sondern ihre Sympathien sofort auf das begeisternde französische Team übertrugen. Da standen sie nun beim Public Viewing, die „Boches“, „Chleus“ und „Fritz“, trugen französische Trikots, hatten blau-weiß-rote Schminke im Gesicht und feuerten mit den französischen Nachbarn das französische Team an. Das war grenzüberschreitende Freundschaft, das war sportlich, das war schön. Und jede Wette – die Antieuropäer und Deutschenhasser, die haben das nicht gesehen. Oder sie wollten es nicht sehen. Und eines ist klar – bei der nächsten sportlichen Großveranstaltung fahre ich ganz weit weg. Dann muss ich wenigstens nicht wochenlang diesen ganzen Schwachsinn lesen…

1 Kommentar zu Rache für Sevilla…

  1. Ich würde mich freuen, wenn auch Sie dieses Sch…Thema WM endlich begraben würden. Zumal ich bei Ihnen die Subjektivität politisch linker Clientel argwöhne. Dass diese „Freundschaft“ in solchen Momenten nicht das Papier wert ist auf dem sie steht, nehme ich leider genau so wahr. Bleiben Sie vielleicht besser zuhause, auch in Baden kann man gut essen und leben.

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