Rechtsextrem wird langsam hoffähig

In Deutschland findet momentan die gleiche Entwicklung statt wie in Frankreich – Teile der konservativen Parteien machen die Rechtsextremen hoffähig. Dies ist ein mehr als gefährliches Spiel.

... dabei ist die Message doch eigentlich ziemlich klar... Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – In Deutschland sind es die konservativen Hardliner der CDU, die plötzlich finden, dass ihre Positionen gar nicht soooo weit von denen der AfD entfernt sind, in Frankreich besorgt Präsident Macron den Job selber. In beiden Ländern ebnet man den Rechtsextremen den Weg in Richtung Macht, in beiden Ländern in der irrigen Hoffnung, man könne sich selbst besser gegen rechtsextreme Konkurrenten als gegen den Rest des politischen Wettbewerbs durchsetzen. Und das ist ein Trugschluss. Schon Goethe wusste es – Die Geister, die man ruft, wird man dann meistens nicht mehr los…

Die „Strategien“ der deutschen Konservativen und dem im politischen Niemandsland beheimateten Emmanuel Macron sind nicht die gleichen, haben aber das gleiche Ziel. Während sich einige Vertreter des rechten Flügels der CDU der Wählerschaft der AfD anzubiedern versuchen, schaltet der französische Präsident, einen nach dem anderen, sämtliche politischen Wettbewerber aus, mit einem klaren Ziel – bei der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen 2022 will er sich der rechtsextremen Marine Le Pen gegenüber sehen, in der Hoffnung, dass die Franzosen das tun, was sie seit 2002 bei jeder Wahl tun – in der Stichwahl geht es nicht mehr um Kandidaten oder Programme, sondern nur noch darum, die Mitglieder der Familie Le Pen am Griff nach der Macht zu hindern.

Das ist ungefähr das Einzige, das der französische Präsident in seiner Amtszeit geschafft hat – die völlige Verwüstung der politischen Landschaft. Er hat es tatsächlich hinbekommen, die Partei, die noch 2017 den Präsidenten und die Mehrheit in beiden gesetzgebenden Kammern stellte, ins politische Abseits zu schicken – die sozialistische Partei PS dümpelt heute im Nichts und sieht die 10 %-Marke nur noch von unten. Bei der anstehenden Regional- und Departementswahl versucht Macron genau das Gleiche – er schickt seine Minister in den Wahlkampf, nicht etwa gegen die linken Parteien oder das rechtsextreme „Rassemblement National“, sondern gegen die konservative Konkurrenz, die eigentlich für den neoliberalen Macron ein natürlicher Verbündeter sein sollte.

Das beste Beispiel (und nicht das einzige) ist die ostfranzösische Region Grand Est. Hier schickte Macron die elsässische Ministerin Brigitte Klinkert für seine Partei „La République en Marche“ ins Rennen, die zwar kaum eine Chance hat, zur Präsidentin der Region gewählt zu werden, die aber dem konservativen Amtsinhaber Jean Rottner (Les Républicains) genügend Stimmen abjagen könnte, dass am Ende der rechtsextreme Kandidat Laurent Jacobelli gewinnen könnte. Damit wäre nach der Linken auch die Rechte so gespalten, dass 2020 alles auf eine Stichwahl zwischen Macron und Le Pen hinausläuft. Nur – die Chancen stehen hoch, dass die seit 20 Jahren funktionierende Zauberformel „wählt mich, sonst bekommt ihr Le Pen“ nicht mehr greift und dieses Mal die Rechtsextremen gewinnen, denn Macron hat durch sein unglaublich schlechtes Management der Sozialkrise seit 2018 und auch der sanitären Krise so viel Kredit verspielt, dass er gegen einen anderen Gegner als Marine Le Pen wohl keine Chance mehr hat.

Sowohl in Deutschland als auch auch in Frankreich fragt man sich, wie es sein kann, dass rechtsextreme Parteien derart viel Rückenwind haben. Die Antwort ist einfach – alle arbeiten für sie. Wenn wir dann demnächst die ersten rechtsextremen Regierungen in den westlichen Ländern Europas haben werden, dann müssen sich die traditionellen Parteien an die eigene Nase fassen. Nur – ausbaden werden wir das müssen. Und einmal mehr wird deutlich, dass das eigentliche Problem nicht die Wählerinnen und Wähler sind, sondern die Parteien, die sich in ihrer Machtgier derart verrannt haben, dass sie selber den Rechtsextremen den roten Teppich ausrollen. Die einzigen, die das verhindern können, sind die Wählerinnen und Wähler. Und die warten in Deutschland wie in Frankreich darauf, dass endlich Kandidaten und Kandidatinnen auftauchen, die frische Ideen haben und wählbar sind. Aber das ist wohl so ähnlich wie darauf zu hoffen, dass Ostern und Weihnachten auf den gleichen Tag fallen…

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