Region Elsass: Was, bitteschön, ist eine Volksbewegung?

Seit dem Beginn der Debatte um die französische Gebietsreform wollen uns Elsässische Autonomisten weismachen, es gebe eine Volksbewegung gegen diese Reform. Wirklich?

Die 800 Demonstranten in Colmar bezeichnen sich als "Volksbewegung". Jetzt ist aber langsam auch mal gut... Foto: Paralacre / Wikimedia Commons / CC0

(KL) – Dass die Mehrzahl der Elsässer nicht unbedingt für eine Fusion des Elsass mit Lothringen und der Champagne-Ardenne war, das ist bekannt. Das ist übrigens in Lothringen und der Champagne-Ardenne nicht viel anders gewesen. Doch seit die politische Entscheidung in zentralistischen Frankreich gefallen ist, versuchen die Elsässer Autonomisten den Eindruck zu erwecken, als stünde das ganze Elsass wie ein Mann auf den Barrikaden, bereit, gegen diese Ungeheuerlichkeit zu kämpfen, wenn es sein müsste, gar mit Aktionen wie der Sperrung der Vogesenpässe. Denn, so die Autonomisten, allen voran die Formation „Unser Land“ (oha…), das „elsässische Volk“ sei bereit zu kämpfen. Am Samstag demonstrierten 800 Leute in Colmar gegen die Fusion. Fast so viele, wie die drei „Wintervorlesungen der Physik“ an der Uni Freiburg besucht haben. Bedeutet das jetzt, dass auch das Fach Physik zu einer „Volksbewegung“ wird?

Ähnlich wie bei der „Pegida“ in Deutschland, versuchen kleinere Gruppierungen aus dieser Situation politisches Kapital zu schlagen. So kündigte „Unser Land“ (man stelle sich vor, in Deutschland gäbe es eine Partei, die sich „Notre Pays“ nennt und in Baden-Württemberg bei Wahlen antritt…) bereits an, dass man sich nun schnell strukturieren wolle, um bei den nächsten Wahlen anzutreten. Natürlich mit dem Ziel, die Pariser Entscheidungen rückgängig zu machen.

Aber jetzt mal ernsthaft. Wenn ein Anliegen grade mal 800 Menschen so bewegt, dass sie dafür auf die Straße gehen, dann ist das keine Volksbewegung. Sondern ein folkloristischer Wochenendspaziergang in Rot und Weiß. Alleine die Südtribüne im Freiburger Schwarzwaldstadion bietet Platz für sechs solcher „Volksbewegungen“.

Oder sollten die Konservativen im Elsass am Ende doch begriffen haben, dass es ein politischer Fehler war, sich von diesen regional-nationalistischen Kräften vor deren Karren spannen zu lassen? Oder hat sich im Elsass die Vernunft durchgesetzt und man denkt jetzt darüber nach, wie man am besten mit der neuen Situation umgeht?

Eines wird jedoch schnell klar – den Demonstranten geht die Puste aus. Die Plakate werden langweilig, niemand lacht mehr, wenn er in fehlerhaftem Deutsch liest, dass „Paris das Elsass umbringen will“ oder dass man „Hollande in der Arsch treten“ möchte oder dass „Quiche nicht gut zu Sauerkraut passt“. Haben wir jetzt alles mehr als oft genug gehört und nun reicht es eigentlich auch. Ebenso, wie sich kein aufrechter Demokrat entblöden sollte, seine Unzufriedenheit mit der Politik in gemeinsamen Märschen mit „Pegida“ kundzutun, sollte kein aufrechter Elsässer Franzose mit den regional-nationalistischen Grüppchen spazieren gehen. So einfach ist das. Und eine Volksbewegung für ein „Freies Elsass“? Die gibt es nicht.

2 Kommentare zu Region Elsass: Was, bitteschön, ist eine Volksbewegung?

  1. Eines ist klar, die Elsässer sind Langschläfer die jetzt langsam aus ihren nationalistischen Schlummer aufwache. Leider zu spät . Sie haben sich alle autonome Errungenschaften entwenden lassen , ihre Sprache verkommen lassen, ihre Idendität untergraben lassen, ihre Kultur vernachlassen , die Zweisprachigkeit begraben lassen , Grund ihren schlechten Kenntnisse der Hochdeutschen Schriftart … Ihr Deutschen könnt gut lachen über die Elsaässer ! Aber wenigstens sind sie in der Lage mit den Badenzer auf alemannischer Ausdruckweise sich zu verstehen. Ihr Deutsche habt nur sehr wenig getan um die franzôsiche Sprache zu befördrn in euren Schulen , un uns Elsässer unter die Arme zu greifen…wenn es darum ging regionalen Austausch zu unterstützen… Es wäre Zeit dass Ihr öffentliche Stellingsnahme treffen würdet, in euren Medien , betreffend de historischen, kulturellen und ökonomischen Interessen des Elsasses, im Rahmen der europäischen Gemeinschatf und dass ihr in Brüssel darauf achtet dass Frankreich die Abkommen und Entscheidungen berüksichtigt, betrefend der Rechte der Regionen , im Sinne einer europäischen Federation.

  2. Die Demonstranten, die sich seit einigen Wochen in den elsässischen Gemeinden vesammeln, sind nicht alle Rechtsextremisten oder Ewiggestrigen. Durch die Gebietsreform, und die Art und Weise wie sie ohne jegliche Konzertierung zustande kam, hat wahrscheinlich jedoch ein nachhaltiges Unbehagen augelöst. Auch der Begriff Autonomie soll differenziert betrachtet werden: Er stellt ein Spektrum dar, dass von einigen Separatisten abgesehen, auch Regionalisten oder Föderalisten umfasst. Das eigentliche Problem ist, dass das zentralistische Frankreich mit Förderalismus prinzipiell nichts anfangen kann und deshalb werden Anhänger eines “föderalisierten” Frankreichs nach deutschen Art in eine politische Ecke gedrängt, in der viele nicht hingehören.

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