Regionalwahlen in Frankreich – worum geht’s da eigentlich?

An den beiden nächsten Sonntagen werden in Frankreich die neuen Regionalparlamente gewählt – eine Wahl, die von enormer Bedeutung ist.

Die Karikaturisten können sie nicht verjagen und ach ja, die rechtsextreme Marine Le Pen (FN) will auch die Todesstrafe wieder einführen. Foto: ActuaLitté / Wikimedia Commons / CC-SA 2.0

(KL) – Weitgehend unbeachtet in Deutschland, müssen die Franzosen in der Adventszeit zweimal in die Wahlbüros. Denn die in zwei Wahlgängen stattfindende Regionalwahl, die angesichts der Gebietsreform in Frankreich (aus 22 Regionen wurden 13 große Regionen gemacht) mit den deutschen Landtagswahlen vergleichbar ist, könnte das politische Frankreich gleich auf mehreren Ebenen erschüttern.

Die am 6. und 13. Dezember stattfindende Regionalwahl ist für Frankreich eine Premiere. Denn sie bestimmt die Zusammensetzung der neuen Regionalparlamente, die es noch überhaupt nicht gibt, denn die Gebietsreform wird erst zum 1. Januar 2016 wirksam. Also wählt man praktisch schon mal „auf Vorrat“ die dann einzusetzenden Regionalparlamente. Und – nach den Attentaten von Paris könnte diese Wahl tatsächlich nicht nur das politische Leben in den künftigen „Großregionen“ bestimmen, sondern auch schon mehr als einen Hinweis auf das geben, was 2017 bei den nächsten Präsidentschaftswahlen passieren könnte.

Die Umfragen sind, wie so oft in den letzten Jahren, sehr unpräzise. Das liegt aber auch daran, dass die Attentate von Paris dem französischen Präsidenten François Hollande und den regierenden Sozialisten eine unerwartete Chance gegeben haben, sich zu profilieren – ansteigende Beliebtheitswerte für Hollande belegen das. Doch wie sehr sich dies tatsächlich auf das Wählerverhalten auswirken wird, bleibt abzuwarten. Klar scheint nur zu sein, dass der rechtsextreme Front National beste Chancen hat, mindestens zwei der 13 neuen Regionen für sich zu entscheiden – zum einen die Region PACA (Provence-Alpes-Côte d’Azur) im Süden Frankreichs, zum anderen die Region Nord-Pas-de-Calais im Norden, eine frühere Hochburg der Kommunisten und Linken der PS.

Doch das ist noch nicht alles. Auch die neue ostfranzösische Großregion Alsace-Lorraine-Champagne-Ardenne läuft Gefahr, den Rechtsextremen in die Hände zu fallen. Vor den Attentaten lag der Spitzenkandidat des Front National Florian Philippot, die Nummer 2 der rechtsextremen Formation, nur 2 Prozentpunkte hinter dem Konservativen Philippe Richert, dem jetzigen Präsidenten der Region Elsass, der Spitzenkandidat der „Republikaner“ bei dieser Regionalwahl ist. Wohl gemerkt, VOR den Attentaten. Ob dieser Vorsprung nach den Attentaten immer noch gegeben ist, wird man erst am 13. Dezember sehen, doch ist völlig klar, dass landesweit der Front National inzwischen die stärkste politische Kraft ist. „Das wird schon nicht so schlimm“, sagen viele Franzosen, „schlechter als die Sozialisten und die Konservativen können die es ja auch nicht machen“. Ein schlimmer Irrglaube, denn das Programm des Front National ist fremdenfeindlich, europafeindlich, nach innen gerichtet und eine echte Gefahr für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Belgien, Luxemburg, Deutschland und der Schweiz, die diese neue ostfranzösische Region so einzigartig und europäisch macht.

Doch scheint Frankreich gerade den Weg vieler anderer Länder zu gehen, die sich angesichts zahlreicher Bedrohungen durch Terror, Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit und anderer Probleme hin zu einem „neuen Nationalismus“ bewegen, der nicht rational, sondern emotional geprägt ist – der Wunsch nach dem „starken Mann“ (oder der starken Frau), einer Art Übervater, der die Probleme schon irgendwie regeln wird. Nur – die Rechtsextremen werden nicht nur die bestehenden Probleme nicht lösen, sondern neue dazu schaffen.

Bleibt die Hoffnung, dass sich die Franzosen an den kommenden beiden Sonntagen nicht von der Angst und nicht von der leeren Versprechung leiten lassen, die Rechtsextremen und Xenophoben könnten irgendetwas verbessern. Doch angesichts der zu erwartenden Heerschar der Nichtwähler (man erwartet bis zu 50 % Nichtwähler), wird dies wohl ein frommer Wunsch bleiben. Frankreich steht auf der Schwelle zu einem Rechtsruck, den das Land lange, lange bereuen wird. Und Europa ebenfalls.

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