Reich müsste man sein…

Die Amtszeit von Präsident Macron hat das soziale Gefälle in Frankreich weiter verschärft. Während es den Reichen trotz Krise immer besser geht, leiden die Ärmsten unter einer Verschlechterung ihrer Situation.

Das war schon immer so - wer hat, dem wird gegeben, wer nichts hat, dem wird genommen... Foto: Unknown Flamish painter / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Die letzte TV-Ansprache von Präsident Macron klang hervorragend. Den Franzosen geht es prächtig, niemand wurde im Regen stehen gelassen, alles ist in bester Ordnung. Eine Ansicht, die von den ärmsten Haushalten in Frankreich sicher nicht geteilt wird. Denn während es Arbeitnehmern und Reichen in Punkto Kaufkraft seit Amtsantritt von Macron tatsächlich etwas besser geht, verlieren die Ärmsten der Armen immer mehr von ihrem wenigen Geld. Und das in einer Situation, in der viele Preise für Grundnahrungsmittel kräftig steigen.

Eine Studie des „Instituts für öffentliche Politik“ (IPP) macht es deutlich. Geld allein macht zwar nicht glücklich, aber es hilft, noch mehr Geld zu bekommen. So ist in der Amtszeit von Präsident Macron das verfügbare Einkommen (nach Steuern) von Arbeitnehmern um durchschnittlich 1,6% gestiegen, während gleichzeitig reiche Menschen ihre Vermögen geradezu phantastisch vermehren konnten.

Ganz anders sieht es am anderen Ende der sozialen Leiter aus. Haushalte, die unter der Armutsgrenze leben und über weniger als 800 € im Monat verfügen, und das sind immerhin 5 % der Haushalte, haben aufs Jahr gerechnet im Schnitt 39 € an Kaufkraft verloren. 39 €. Wer das Glück hat, zu den besser gestellten Kategorien zu zählen, für den sind 39 € ein Witz. Für Haushalte, in denen man ab dem 25. des Monats rätselt, womit man Lebensmittel einkaufen soll, sind 39 € eine Menge Geld.

Es ist auffallend, dass es schlechter situierten Menschen immer schlechter geht, besser gestellten Menschen hingegen immer besser. Könnte einer der Gründe sein, dass die ärmsten Kategorien nicht mehr wählen gehen und daher als „Zielgruppe“ für die Politik uninteressant sind? Der gesunde Menschenverstand würde eigentlich eher davon ausgehen, dass es Sinn machen würde, dass die besser gestellten Menschen auf ihrem Niveau bleiben, dafür bei den Ärmsten der Armen nachgebessert wird. Doch darauf sollte man bei einer Regierung, die als erste Amtshandlung das Wohngeld für Bedürftige um 5 € gesenkt hatte, nicht unbedingt bauen.

Emmanuel Macron hängt das Image des „Präsidenten der Reichen“ an, was damit zu tun hat, dass er vor seiner Karriere als Präsident, als er Wirtschaftsminister war, 50 Milliarden an die börsennotierten Unternehmen verschleudert hatte, in der vagen Hoffnung, diese würden dann Arbeitsplätze schaffen. Das taten sie zwar nicht, dafür engagierten sich zahlreiche Unternehmen dieser Kategorie dann in seinem Wahlkampf.

Der soziale Bruch ist in Frankreich nicht mehr wegzudiskutieren und dies kann man nicht alleine Emmanuel Macron anhängen. Seine Vorgänger machten ebenfalls keinen Hehl aus ihrer Geringschätzung für arme Menschen. Präsident Nicolas Sarkozy wollte die sozialen Brennpunkt-Viertel „mit dem Kärcher“ säubern, Präsident François Hollande bezeichnete arme Menschen pauschal als „die Zahnlosen“. Arme Menschen zu diskriminieren scheint also eine Art Reflex für französische Präsidenten zu sein.

Allerdings stehen die Franzosen mit dieser Problematik nicht alleine da. Deutschland, eines der reichsten Länder der Welt, weist einen der höchsten Armuts-Prozentsätze Europas in der Bevölkerung auf, was eine Schande für so ein reiches Land ist.

Bevor das soziale Pulverfass explodiert, was über Kurz oder Lang passieren wird, wäre ein Politikwechsel dringend angebracht, mit einer deutlich gestärkten sozialen Komponente. Aber warum sollte die hohe Politik das tun? Arme Menschen gehen nicht wählen, arme Menschen finanzieren keine Wahlkämpfe, arme Menschen reichen keine gefüllten Umschläge unter dem Tisch an. Das mag eine Weile funktionieren, aber nicht ewig. Und so bleibt die Hoffnung, dass die armen Menschen Europas nicht eines Tages aufstehen und sich mit Gewalt das holen, was ihnen vorenthalten wird. Und dabei geht es nur zum Teil um Geld, sicherlich aber auch um Menschenwürde. Von der wir wissen, dass sie theoretisch unantastbar ist. Theoretisch.

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