Reise nach Jerusalem

Hollande. Foto: Marie-Lan Nguyen / Wiki OK

(KL) – Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man das Gefühl bekommen, dass die Regierungsumbildung in Frankreich in Form des beliebten Kinderspiels „Die Reise nach Jerusalem“ stattgefunden hat. Statt 21 Ministern gibt es zukünftig nur noch 17 (inklusive des neuen Premierministers Manuel Valls) und man kann es sich bildlich vorstellen, wie im Hôtel Matignon 17 Stühle aufgestellt waren, um die 19 Kandidaten herumliefen (2 grüne Minister wollten unter Valls nicht mehr Minister sein), die sich dann auf ein Zeichen hin alle hinsetzten, gleich, auf welchen Ministersessel. Und eine gute Bekannte von François Hollande taucht wieder im Kabinett auf – Ségolène Royal. Als Umweltministerin.

Zweiter Neuling im Kabinett ist der Bürgermeister von Dijon François Rebsamen, der auch Senator ist und nun Minister für Arbeit und den Sozialen Dialog. Einen weiteren Karriereschritt macht auch Bernard Cazeneuve. Der ehemalige Europaminister und bisherige Budgetminister tritt die Nachfolge von Premier Valls im Innenministerium an. Der Parteilinke Arnaud Montebourg wird Minister für Wirtschaft und Digitale Entwicklung, behält aber sein Ministerium für den „produktiven Wiederaufbau“. Leidtragender ist sein Vorgänger Pierre Moscovici, der nach seiner persönlichen Schlappe bei den Kommunalwahlen auch seinen Ministerposten verliert. Benoît Hammon wird Erziehungsminister und George-Paul Langevin übernimmt das Ministerium für die Überseegebiete.

Der als „sicher“ geltende Arbeitsminister Michel Sapin wird Finanzminister. Ungefähr die Hälfte des bisherigen Kabinetts dürfen ihre Posten behalten: Christiane Taubira (Justiz), Laurent Fabius (Außenministerium), Stéphane Le Foll (Landwirtschaft), Najat Vallaud-Belkacem (Frauenrechte), Jean-Yves Le Drian (Verteidigung), Marylise Lebranchu (Dezentralisation), Marisol Touraine (Soziales) und Aurélie Filipetti (Kultur). Dazu wird Sylvia Pinel Ministerin für Wohnungsbau.

Wenn man sich dieses neue Team anschaut, hat man nicht unbedingt das Gefühl, als wären die Posten nach Kompetenzen für den Fachbereich verteilt worden, sondern eben eher zufällig. Ob diese Regierungsumbildung ausreichen wird, die Probleme Frankreichs in Rekordzeit zu lösen, ist mehr als fraglich.

Für François Hollande wird nun die Luft immer dünner. Mit dieser Kabinettsumbildung hat er seine letzte Trumpfkarte gespielt – sollte die PS auch bei der Europawahl schlecht abschneiden, wonach es momentan aussieht, dürfte es mit dieser Regierung vorbei sein. Denn eines ist klar – in sechs Wochen wird er keine neue Regierungsumbildung mehr vornehmen können. Womit sich ebenfalls andeutet, dass Frankreich nach der Europawahl ernsthaft Gefahr läuft, in eine echte Regierungskrise zu rutschen.

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