Rekordverdächtige Umfragewerte – Hollandes Absturz

Eine Umfrage in Frankreich zeigt, dass nur 4% der Franzosen mit ihrem Präsidenten François Hollande zufrieden sind. Immerhin ist dieser so zufrieden mit sich selbst, dass er erneut kandidieren will.

Die Umfragewerte von François Hollande sind tief im Keller. Ganz tief. Foto: Guillaume Paumier / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.5

(KL) – Wie weit sich die Welt der Politik von der realen Welt der Menschen entfernt hat, zeigt sich nicht nur darin, dass der konservative Präsidentschaftskandidat François Copé (einer von vielen Kandidaten der Konservativen) in einem Interview den Preis für ein Schokoladenbrötchen bei „10 bis 15 Cents“ vermutete (der in Wirklichkeit zwischen 0,90 und 1,20 € liegt…), sondern auch darin, dass der französische Präsident François Hollande gar nicht richtig merkt, wie unbeliebt er tatsächlich ist. Eine Umfrage des CEVIPOF (Forschungszentrum für politische Studien) zeigt, dass gerade noch 4 % der Franzosen mit ihrem Präsidenten zufrieden sind. 4 Prozent.

Die Zahlen zur Präsidentschaft von François Hollande sind bedrückend: 1 % der Franzosen sind mit François Hollande „sehr zufrieden“, 3 % „eher zufrieden“ (was dann die 4 % der Zufriedenen ausmacht), 26 % sind „weder zufrieden noch unzufrieden“ mit ihrem Präsidenten, 24 % „eher unzufrieden“ und 46 % „ganz unzufrieden“. Eine Bilanz, bei der man sich nur wundern kann, dass der Präsident offenbar entschlossen ist, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Aber ist dieses vernichtende Urteil der Franzosen für ihren Präsidenten tatsächlich „gerecht“? War Hollande wirklich ein so schlechter Präsident?

Solche Beurteilungen sind immer sehr subjektiv – und es gibt Dinge, die François Hollande wirklich schlecht gemacht hat, doch es gibt eben auch Dinge, die er hervorragend gemanagt hat. So zeigte er beispielsweise nach den schrecklichen Attentaten der letzten beiden Jahre staatsmännische Größe und verhinderte durch sein souveränes und mitfühlendes Auftreten, dass die Stimmung in Frankreich vollends umkippt. Auch seine Versuche, die Wirtschaft zu beleben, verdienen Anerkennung, auch wenn diese Versuche zu spät erfolgten und vermutlich vor den kommenden Wahlen keine ausreichend sichtbaren Ergebnisse zeitigen.

Doch in den meisten anderen Bereichen hat François Hollande seine Wählerinnen und Wähler enttäuscht. Bei seiner Wahl 2012 hatte er so vieles versprochen – und so wenig davon gehalten. Der angekündigte Ausstieg aus der Atomenergie wurde immer wieder verschoben, nicht einmal der anfällige Meiler in Fessenheim wurde geschlossen, die große Trendwende im Bereich der Arbeitslosigkeit fand nicht statt, die angekündigte Offensive gegen die Auswüchse im Finanzsektor blieb aus – und auch, wenn François Hollande neulich in einem Fernsehinterview trotzig behauptete, dass es den Franzosen heute besser ginge als 2012, so teilen seine Landsleute diese Analyse wohl nicht. Das zumindest zeigen die Zahlen.

Doch was soll er nun angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen tun? Wirft er das Handtuch und zieht sich aus dem Rennen zurück, ist dies ein Eingeständnis des Versagens seiner Regierung – und eine Hypothek, die ein anderer Kandidat der „Linken“ kaum vergessen machen kann. Bleibt er aber im Rennen, stehen die Chancen, dass er es wie Lionel Jospin 2002 nicht einmal in den zweiten Wahlgang schafft, ziemlich hoch. Was dann dazu führen würde, dass im zweiten Wahlgang der konservative Kandidat (Alain Juppé oder Nicolas Sarkozy) auf die Rechtsextreme Marine Le Pen treffen würde.

Es ist verständlich, dass die gerade stattfindenden Vorwahlen in Frankreich wenig Begeisterung auslösen – keiner der Kandidaten überzeugt. Die einzig interessante Initiative ist „LaPrimaire.org“, eine Bürgerinitiative, die gerade in einer eigenen Vorwahl einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus der Zivilgesellschaft wählt. Und die bereits mehr Anhänger hat als viele der Parteien Mitglieder. Ob es die Demokratien schafft, sich „von unten“ zu reformieren?

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