Robert Herrmann wirft das Handtuch noch vor der ersten Runde

Der Präsident der Eurometropole Straßburg, Robert Herrmann, hat in einem (nicht ganz so) vertraulichen Pressegespräch mit seinen Lieblingsjournalisten seinen Rückzug 2020 aus der Politik angekündigt.

Robert Herrmann wird nicht bei der OB-Wahl 2020 in Strassburg antreten, sondern zieht sich aus der Politik zurück. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Der OB-Wahlkampf für die Wahlen 2020 in Straßburg läuft im Grunde schon seit einem halben Jahr, nur kurzfristig unterbrochen von der Europawahl, die in Straßburg, ebenso wie im Rest Frankreichs, nichts mit Europa, sondern vielmehr mit der Person des Präsidenten Emmanuel Macron zu tun hatte. Zu denjenigen, die bereits sehr (zu?) frühzeitig ihre Kandidatur für den Chefsessel im Straßburger Rathaus angemeldet hatten, zählte auch Robert Herrmann, dessen Ziel es war, das Amt des OBs und des Präsidenten der Eurometropole zusammenzulegen. Doch nun hat Robert Herrmann keine Lust mehr und kündigte zum Ende seines Mandats seinen Rückzug aus der Politik an.

In einem Format, das inzwischen in Frankreichs Chefetagen üblich zu sein scheint (man gibt seine Informationen nur noch an handverlesene Journalisten im Rahmen sehr persönlicher Pressegespräche weiter), machte Herrmann deutlich, dass die drei Bedingungen, die er für eine Kandidatur definiert hatte, nicht erfüllt sind. Der PS-Politiker (doch, doch, von denen gibt es noch einige) wollte a) Spitzenkandidat einer Liste sein, b) eine offene Liste mit Kandidaten und Kandidatinnen aus verschiedenen politischen Familien präsentieren und c) die Präsidentschaft zwischen der Verwaltung der Stadt und der Eurometropole zusammenführen.

„Ich bin 2020 erst 64 Jahre alt und habe genug Zeit, mich um andere Aufgaben zu kümmern“, sagte Herrmann, der damit zum ersten Opfer des Chaos wird, das seit geraumer Zeit im Straßburger Stadtrat herrscht. Gab es nach der letzten OB-Wahl in Straßburg noch vier Fraktionen im Stadtrat, sind es heute nicht weniger als zehn, deren Zusammensetzung sich so schnell ändert, dass kaum noch jemand in der Lage ist zu sagen, wer eigentlich grade mit wem zusammenarbeitet, wer gerade seine „politischen Überzeugungen“ in anderen Parteien besser aufgehoben sieht und wer eigentlich was für eine Politik machen will.

Der Straßburger Stadtrat funktioniert momentan wie das Kinderspiel „Die Reise nach Jerusalem“. Gestandene Politiker und Politikerinnen schwirren von einer Partei zur nächsten, in der Hoffnung, woanders bei der anstehenden Wahl auf einen besseren Listenplatz zu kommen. Die bisherigen Volksparteien PS und LR zerlegen sich selbst in ihre (immer kleiner werdenden) Einzelteile und zeigen, warum sie nicht mehr wählbar sind – es geht inzwischen nur noch um Posten und Mandate, um persönlichen Einfluss und die Plätze auf der Liste. Was in letzter Konsequenz Tür und Tor für neue Kandidaten und Kandidatinnen öffnet, die es schaffen, ein echtes lokalpolitisches Projekt zu präsentieren.

Dabei hatte Robert Herrmann als Präsident der Eurometropole keinen schlechten Job gemacht. Abgesehen davon, dass er sich seit seinem Amtsantritt, wie mehr oder weniger alle Politiker, weit von seinem Wahlvolk entfernt hatte und auf seinem Olymp in der 9. Etage am Straßburger Sternenplatz über den Dingen schwebte, hat er es geschafft, die Eurometropole durch eine Art Koalition mit den Konservativen zu managen, was für Frankreich geradezu revolutionär war und sowohl seine Mehrheit, als auch die Opposition zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zwang. Sehr engagiert in Fragen der Stadt- und der Wirtschaftsentwicklung, hatte Herrmann allerdings auch durch seine Pirouette zur Frage der Ostumfahrung Straßburgs (GCO) heftigen Gegenwind erfahren. Obwohl seine Partei, die PS, gegen das GCO ist, machten Herrmann und sein Dauerfeind OB Roland Ries zuletzt massiv Werbung für dieses Projekt, das nicht nur keine Erleichterung des Verkehrs in Straßburg bringen wird, sondern nebenbei auch noch den Norden des Elsass und die Region Straßburg mit einer Betontrasse verschandelt, deren einziger Nutznießer der Bauherr und spätere Betreiber dieser neuen kostenpflichtigen Autobahn, die Gruppe Vinci, sein wird.

Seine Konkurrenten für den OB-Sessel reiben sich bereits die Hände – für den PS-Kandidaten Philippe Bies scheint der Weg zur Kandidatur auf einer PS-Liste frei zu sein und Alain Fontanel, der bereits früh von der PS zur neuen französischen Einheitspartei LREM gewechselt war, „verliert“ einen ernst zu nehmenden Konkurrenten.

Doch sollte sich niemand zu früh freuen – es wird noch andere Kandidaturen geben. Wer weiß, vielleicht haben alle Granden der Stadt einen Fehler gemacht, sich so frühzeitig zu positionieren und dafür selbst in der Europahauptstadt Straßburg einen Europawahlkampf ausfallen zu lassen, der gerade in Straßburg wichtig gewesen wäre.

Robert Herrmann kann man für seinen Ruhestand nur alles Gute wünschen. Wer weiß, vielleicht sieht man ihn künftig wieder auf seinem berühmten roten Fahrrad durch die Krutenau radeln und vielleicht wird er dann auch wieder für den normalen Bürger ansprechbar sein – denn ab März wird aus „Monsieur le Président“ dann eben auch wieder – ein einfacher Bürger.

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