Rüffel für den unartigen Schulbuben

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht bei seinen Alleingängen auf dem Parkett der internationalen Diplomatie keine besonders gute Figur. Seine Auseinandersetzung mit Donald Trump hat etwas schulhofmäßiges…

Mit seinen Alleingängen hat Emmanuel Macron das Gegenteil dessen erreicht, was er wollte. Foto: The White House from Washington D.C. / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Nun ist also auch das Tischtuch zwischen Emmanuel Macron und Donald Trump zerschnitten. Los ging es mit Macrons Alleingang bezüglich der Besteuerung der GAFA-Internetriesen, die Frankreich alleine in Höhe von 3 % einführt, ohne sich dafür mit den europäischen Partnern abgestimmt zu haben, woraufhin Donald Trump Strafzölle auf die Einfuhr eines französischen Nationalheiligtums ankündigte – französischen Wein. Macrons Ankündigung der GAFA-Steuer bezeichnete Trump in einem Tweet als „Dummheit“, doch das war nur der Auftakt zum Ende der Liebesbeziehung zwischen den beiden Staatenlenkern.

Emmanuel Macron agiert, als sei Frankreich aus der EU ausgestiegen. Doch bei seinen diplomatischen Alleingängen auf der internationalen Bühne ist er ungefähr so erfolgreich wie bei der Befriedung der Sozialkonflikte in seinem eigenen Land – nämlich gar nicht. Sein Versuch, den Atomkonflikt zwischen den USA, Europa und dem Iran zu besänftigen, endete mit einer verbalen Ohrfeige des US-Präsidenten, der Macron scharf darauf hinwies, dass dieser sich gefälligst nicht im Namen der USA zu äußern habe. Wie einen Schuljungen wies Trump seinen französischen Kollegen zurecht: „Der Iran hat große finanzielle Probleme und sucht verzweifelt das Gespräch mit der USA. Doch erhält er widersprüchliche Signale von all denen, die vorgeben, uns zu repräsentieren, darunter der französische Präsident Macron“. In the face. Dann setzte Trump noch einen drauf, indem er twitterte „niemand ist autorisiert, in Teheran im Namen Washingtons zu sprechen“. Nur, falls das in der letzten Reihe der Schulklasse noch nicht angekommen ist.

Dann wurde es noch gönnerhafter. „Ich weiß, dass Emmanuel es gut meint, wie die anderen auch, aber niemand spricht im Namen der USA außer den USA selbst“. Viel mehr von Oben herab geht kaum noch. In der Schule nennt man so etwas einen Rüffel, in der Diplomatie ist dies eher so etwas wie ein KO-Schlag.

Da nützte es wenig, dass Macron trotzig seinen Außenminister antworten ließ, dass er von niemandem eine Genehmigung brauche, um mit all denjenigen zu sprechen, mit denen er sprechen will, aber als er das verkünden ließ, stand er schon zur Strafe in der diplomatischen Ecke.

Ist es seine Unerfahrenheit, die ihn seine innen- und außenpolitischen Krisen so jämmerlich managen lässt? Sowohl seine geplante und natürlich völlig richtige GAFA-Steuer als auch die völlig richtigen Bemühungen im Atomkonflikt wären deutlich wirkungsvoller gewesen, wären sie nicht als französischer Alleingang, sondern im Namen der EU präsentiert worden. So steht Macron ein wenig wie eine Maus im Ring der großen Weltpolitik und brüllt die Bären an, die nur überheblich lächelnd von oben auf ihn herab blicken.

Durch seine amateurhaft vorgetragenen Alleingänge gewinnt Macron nicht etwa das erhoffte internationale Ansehen, sondern schadet sowohl dem Ansehen Frankreichs als auch dem Europas auf der internationalen Bühne. Das von ihm selbst gepflegte Image des „göttlich inspirierten Jupiters“ hat schwere Risse bekommen und dadurch, dass er die EU gegenüber der Weltpolitik als uninteressanten Haufen behandelt, mit dem es sich nicht lohnt, seine politischen Aktionen abzustimmen, schadet er gleichzeitig auch der Europäischen Union.

Dass sich Donald Trump auf der Weltbühne bewegt wie ein durchgeknalltes Wildschwein, das ist eine Sache. Das ist ärgerlich, oft beunruhigend und fast immer lächerlich. Nur, Donald Trump ist Präsident der Supermacht USA und kann sich daher seine Aussetzer leisten, zumal es ihm herzlich egal ist, wer was über ihn denkt. Das ist beim sensiblen Feingeist Emmanuel Macron ganz anders. Er repräsentiert nicht die USA, sondern Frankreich, und das hat leider nicht das gleiche Gewicht. Schon gar nicht, wenn die diplomatischen Bemühungen so unkoordiniert und amateurhaft vorgetragen werden.

Glaubt das Frankreich von Emmanuel Macron ebenso wenig an die Europäische Union wie seine Dauerkonkurrentin Marine Le Pen? Warum werden so wichtige Dinge nicht gemeinsam mit den europäischen Partnern besprochen, geplant und vorgetragen? Hat Macron etwas nicht mitbekommen, wie vor nicht allzu langer Zeit das „Normandie-Format“ entscheidend zu einer Beruhigung der Lage in der Ukraine beitragen konnte? In diesen Verhandlungen sprachen Frankreich und Deutschland im Namen der EU und dieses Vorgehen hatte Gewicht und führte zu einem Ergebnis (das zwar nicht optimal ist, aber dennoch die Lage erst einmal entschärfen konnte) – hätten Deutschland oder Frankreich versucht, hier alleine vorzupreschen, hätte auch das „Normandie-Format“ nicht funktioniert.

Macons Versuch, sich als gleichberechtigten Partner auf gleicher Augenhöhe mit Trump, Putin und Xi Jinping zu etablieren, ist gescheitert. Auf der internationalen Bühne wird heute selbst der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un ernster genommen als der französische Präsident. Diese Entwicklung begann bereits Ende letzten Jahres, als sich Trump bereits sehr herablassend über seinen Kollegen aus Paris äußerte: „Das Problem ist, dass Emmanuel Macron unter einer sehr geringen Popularität in Frankreich leidet, die bei 26 % liegt, während die Arbeitslosigkeit 10 % beträgt. Mit [seinen Aktionen] will er nur von anderen Themen ablenken.“ Und dann trieb er die Veralberung mit einem weiteren Ratschlag an Emmanuel Macron auf die Spitze: „Make France great again“.

Bleibt die Frage, ob Emmanuel Macron keine Berater hat oder ob er auf eventuell vorhandene Berater einfach nicht hört. Dass er gerade dabei ist, Frankreich international lächerlich zu machen, ist sein gutes Recht als demokratisch gewählter Präsident seines Landes. Doch dass er gerade dabei ist, auch die EU international noch lächerlicher zu machen, als sie es ohnehin schon ist, das ist in der Tat mehr als ärgerlich. Und langsam, aber sicher, bröckelt das Jupiter-Image und es bleibt – ein von Ehrgeiz zerfressener Präsident, der um seiner eigenen Glorie dabei ist, seinem Land und Europa zu schaden.

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