Rugby und Deutschland – ein Missverständnis?

Am Wochenende begann das „Sechs-Länder-Turnier“ im Rugby, ein echter Straßenfeger auf der britischen Insel und in Frankreich. Und sogar in Italien. Nur in Deutschland nicht. Warum eigentlich?

Ein Zuschauermagnet ist Rugby in Deutschland nicht und das ist noch stark untertrieben. Foto: Mertbiol / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Dass in Deutschland niemand den Auftakt zum „Sechs-Länder-Turnier“ im Rugby verpasst hat, wen wundert’s? Dieses Turnier, in dem England, Frankreich, Wales, Schottland, Irland und Italien Europas bestes Rugby-Team ermitteln, findet in Deutschland nicht statt. Dafür füllt es in den genannten Ländern große Stadien und das halbe Land sitzt während der TV-Übertragungen vor dem Bildschirm. Am Sonntag gewann Frankreich nach schwierigem Start 37:10 gegen Italien, das zum 32. Mal hintereinander als Verlierer vom Platz ging. Aber warum interessiert das niemanden in Deutschland? Was ist unser Problem mit diesem wunderbaren, authentischen und spannenden Sport?

Wird in Deutschland denn kein Rugby gespielt? Oh doch, Rund 15.700 Spieler haben eine Rugby-Lizenz vom Deutschen Rugby-Verband und spielen in einem der 137 Vereine in 14 Landesverbänden. Gibt es denn keine Meisterschaften? Aber natürlich – der deutsche Meistertitel wird seit 1909 ausgespielt und der aktuelle Deutsche Meister ist der SC Frankfurt 1880, nachdem der Heidenberger RK fast das ganze letzte Jahrzehnt dominiert hatte. Aber international geht im deutschen Rugby nicht viel, oder? Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Obwohl sich das deutsche Team beinahe für die WM 2019 qualifiziert hätte. Nach sechs Qualifikationsrunden spielte das deutsche Team die internationalen Playoffs gegen Samoa. OK, das Hinspiel im Pazifikstaat ging mit 15:66 in die Binsen und auch im Rückspiel waren die „Schwarzen Adler“ beim 28:42 chancenlos. Aber all das erklärt nicht, warum Rugby in Deutschland so überhaupt nicht greift und anderswo neben Fußball der zweite Volkssport ist.

Da stellt sich die Frage, ob Rugby einfach nicht zu Deutschland passt. Ist der Sport etwa zu viril für das Land, in dem bereits vor Jahrzehnten „Der Tod des Märchenprinzen“ gefeiert wurde? Ist eine solche Sportart, in der beinhart, aber mit offenem Visir gekämpft wird, „nicht deutsch“? Oder sind wir einfach zu blöd, diesen wunderbaren Sport zu begreifen?

Gewiss, auf den ersten Blick sieht Rugby für den Zuschauer wie eine relativ unorganisierte Massenschlägerei aus. Was natürlich nicht stimmt. Aber viele Sportarten sehen bei ersten Zuschauen nicht umwerfend aus. Nehmen wir Rennrodeln. Ein Megasport in Deutschland, der in anderen Ländern nicht einmal im Nachtprogramm ausgestrahlt würde. Cricket in England, dessen Regeln vermutlich noch nie jemand verstanden hat. Aber Rugby ist ein Weltsport, der es einfach nicht nach Deutschland geschafft hat. Es muss etwas mit diesem positiven, kraftvollen, fairen Männerbild zu tun haben, das dieser Sport transportiert.

Und während am Wochenende Frankreichs Innenstädte während der Live-Übertragungen ziemlich leer waren, haben wir einmal mehr nichts davon mitbekommen. Vielleicht müssten auch nur die TV-Anstalten und Sportsender etwas mutiger sein und mehr Rugby zeigen, denn dieser großartige Sport hätte es wirklich verdient!

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