Russland begibt sich offen in den Kriegsmodus

In einer mit Spannung erwarteten Rede erklärt Wladimir Putin eine Teilmobilmachung der Reservisten der russischen Armee. Damit endet das Narrativ von einer „Spezialoperation“ und der offene Krieg beginnt.

Was immer die Macron, Scholz und andere Putin erzählen - es ist dem Kreml-Fürsten egal. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Lage in der Ukraine spitzt sich immer weiter zu. Die punktuellen Erfolge der Gegenoffensive der ukrainischen Armee haben den Kreml-Fürsten dazu gezwungen, sich von seinem lächerlichen Narrativ einer „Spezialoperation“ zu verabschieden – ab sofort ist es nicht mehr möglich, den Krieg, den Putin in die Ukraine getragen hat, anders zu bezeichnen als das, was es ist: ein Krieg. Gleichzeitig versetzt sein Satellitenstaat Belarus auf Befehl Moskaus seine Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft, was ebenfalls kein gutes Zeichen ist. Parallel organisieren die russischen Besatzer hastig Referenden in Luhansk, Donetzk und Cherson, wo bereits ab übermorgen darüber abgestimmt werden soll, ob diese Regionen ihre Aufnahme in die Russische Föderation beantragen wollen. Diese Farce einer Volksabstimmung in einem besetzten Gebiet soll dem Kreml den Vorwand für eine weitere Eskalation der kriegerischen Handlungen liefern.

Dass diese Dinge, also Teilmobilmachung, Alarmbereitschaft in Belarus an der nördlichen Grenze zur Ukraine und diese „Referenden“ gleichzeitig stattfinden, ist ein Zeichen, dass Putin seine Strategie ändern muss, aber auch, dass er es tut. Die russische Propaganda, wie so oft vorgetragen von seinem Adlatus Medwedew, spricht davon, dass der Westen „rote Linien“ überschritten habe und Kriegshandlungen gegen Russland durchführt. Dass es ein einziges Land gibt, das rote Linien überschritten, sein Nachbarland überallen und das Weltgleichgewicht zerrüttet hat, das verschweigt die russische Propaganda natürlich.

Doch der Westen sollte sich davor hüten, die russische Propaganda zu belächeln. Denn wenn Putin und Medwedew ihrer Bevölkerung suggerieren, dass Mütterchen Russland angegriffen wird, dann wird es noch gefährlicher. Denn die russische Mentaliät in Krisensituationen ist einfach – wenn Gefahr droht, ob nun vermeintlich oder wirklich, dann stehen die Russen wie ein Mann an der Seite ihrer jeweiligen Führung, ob das nun gerade ein Zar, ein Stalin oder ein Putin ist. Die Opferbereitschaft der russischen Soldaten hat die deutsche Wehrmacht kennengelernt, als die Rote Armee unter extremen Opfern Stalingrad freikämpfte und damit die Wende im II. Weltkrieg einläutete. Mit einer derartigen Opferbereitschaft muss man auch im Ukraine-Krieeg rechnen und sich darüber klar sein, dass die bisher in der Ukraine eingesetzten Truppen nur die zweite Garde waren – Russland ist durchaus in der Lage, weitere Kräfte zu mobilisieren.

Nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann sich der Krieg offiziell zu einem Krieg zwischen der NATO und Russland ausweitet. In seiner Propaganda spricht Medwedew offen von der NATO als Kriegspartei und irgendwann wird es nur noch zwei Möglichkeiten geben: Entweder gelingt es, alle Parteien wieder an den Verhandlungstisch zu bringen (eine Option, die täglich unwahrscheinlicher wird) oder aber die NATO engagiert sich offen in einem Krieg gegen Russland, der sich dann nicht mehr nur auf die Verteidigung der Ukraine beschränken kann. Eigentlich wollte der Westen genau diese Entwicklung verhindern, doch das ist nicht gelungen. Wie es weitergeht, steht in den Sternen, doch seit Putins Rede und der Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte stehen die Zeichen nun auf Sturm.

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