Russland begreift es immer noch nicht…

Laut Regierungssprecher Dmitri Peskow möchte Russland gerne an den Ermittlungen zu den Anschlägen auf die Gas-Pipelines in der Ostsee mitwirken. Aber das will außer Moskau niemand.

Der Anschlag auf die Gas-Pipelines in der Ostsee erforderte hochspezialisierte Ausrüstung und Know-How. Foto; Commander, U.S. Naval Forces Europe-Africa / U.S. 6th Fleet / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Dass die Anschläge auf die Gas-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 von einer oder mehreren Organisationen ausgeführt wurden, die über eine hierfür erforderliche Ausrüstung und Logistik verfügen, ist klar. Wer nun tatsächlich hinter diesen Anschlägen steckt, sollen nun Ermittler aus Dänemark und Schweden klären, unterstützt unter anderem vom deutschen BKA. Der Moskauer Wunsch, an diesen Ermittlungen beteiligt zu werden, zeigt, dass Russland offenbar glaubt, immer noch ein gleichberechtigter Partner auf dem internationalen Parkett zu sein. Doch das ist Russland bereits seit dem 24. Februar nicht mehr, dem Tag, als Russland die Ukraine überfiel.

Für Dimitri Peskow wäre eine russische Beteiligung an den Ermittlungen „selbstverständlich“ und angesichts der Weigerung der westlichen Ermittler, ging sofort das übliche Gejammer in Moskau los. Dort empfindet man es als „verstörend“, dass Dänen und Schweden jegliche Kooperation mit russischen Behörden kategorisch ausschließen. Dass es die Welt als ausgesprochen „verstörend“ empfindet, dass Russland ein Nachbarland überfällt und dort mordet, vergewaltigt und plündert, das scheint Herr Peskow nicht nachvollziehen zu können.

In der Tat, gleich mehrere Kriegsparteien hätten aus ihrer Sicht gute Gründe, diese Gas-Pipelines unbrauchbar zu machen. Natürlich Russland, das gerade alles zerstört, was die russische Armee zerstören kann; die Ukraine, die dann wieder mitten auf dem Weg möglicher Gaslieferungen Richtung Westen liegt und damit ein Druckmittel in der Hand hätte, da die Durchleitung des Gases wieder über ukrainisches Territorium laufen müsste und auch die USA, die seit Beginn des Kriegs in der Ukraine zum größten Gaslieferanten weltweit aufgestiegen ist. Insofern machen die Ermittlungen Sinn, allerdings nur ohne Russland. Für die Aufklärung eines Anschlags auf einen Hühnerstall würde man ja auch keinen Fuchs ins Ermittlerteam holen.

Dennoch ist es interessant, wie realitätsfremd der Kreml mittlerweile geworden ist. Offenbar glaubt man in Moskau, dass man generell einfach „business as usual“ auf dem internationalen Parkett machen könnte. Doch dem ist nicht so. Russland ist auf lange Zeit geächtet und es wird Jahre dauern, um Dinge wie Butscha vergessen zu machen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Russlands Gräueltaten ungebremst weitergehen. Dass Peskow in einer solchen Situation glaubt, dass ein internationales Ermittlerteam einfach noch ein paar Kreml-hörige „Experten“ mit ins Boot nimmt, das zeigt eigentlich nur, dass man im Kreml generell den Verstand verloren hat.

Doch wahrscheinlich handelt es sich nur um die übliche Kreml-Kommunikation – bei den deutschen Behörden ist keine Anfrage Russlands bekannt, an dieser Ermittlergruppe beteiligt zu werden. Das Tor zu Verhandlungen wurde von beiden Seiten geschlossen, weswegen jegliche russische Beteiligung an internationalen Arbeitsgruppen und/oder Organisationen zumindest so lange unmöglich ist, wie die russische Armee in der Ukraine wütet. Man darf gespannt sein, wie lange es dauert, bis das auch der Kreml begreift.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste