Rutte zum vierten…

Parlamentswahlen in den Niederlanden – die konservativ-liberale Partei von Ministerpräsident Mark Rutte liegt weit vorne

Der niederländische Regierungschef Mark Rutte ist der Gewinner der Wahlen in den Niederlanden. Foto: Fotograaf Nick van Ormondt / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Mark Rutte hat es wieder geschafft. Bei den Parlamentswahlen am 17. März 2021 wurde seine konservativ-liberale Partei VVD in den Niederlanden zum vierten Mal die stärkste Partei. Und damit hat Mark Rutte alle Karten in der Hand, der dienstälteste Ministerpräsident der Niederlande aller Zeiten zu werden.

Als die ersten Hochrechnungen bekannt wurden, hielt es Mark Rutte nicht mehr auf dem Stuhl. Das Ergebnis zeige, dass die Wählerinnen und Wähler ihm in dieser beispiellosen Krise das Vertrauen ausgesprochen haben. Ja, natürlich freue er sich auf die nächsten vier Jahre. Und er gab sogar ein Geheimnis preis. Er habe sogar noch Energie für die nächsten zehn. Aber schon mit weiteren vier Jahren als Ministerpräsident würde er alle bestehenden Rekorde für politische Langlebigkeit in den Niederlanden brechen.

Für Mark Rutte ist es der vierte Sieg in Folge. Er ist bereits seit mehr als zehn Jahren Ministerpräsident. Fehler in der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie überstand er unbeschadet. In den Umfragen vor der Wahl lag seine Partei stets weit an der Spitze. Überhaupt blieb die Partei während des Wahlkampfes auffallend still, baute ganz auf den Ministerpräsidentenbonus und segelte so geräuschlos als Siegerin ins Ziel.

Dabei sah es noch im Herbst 2019 ganz anders aus. In Umfragen fiel die konservativ-liberale Partei VVD von Mark Rutte in ein großes Tief. Wütende Landwirte blockierten Straßen. Die Unzufriedenheit im Bildungs- und Pflegebereich wuchs. Noch im Januar dieses Jahres musste die Regierung Rutte gar wegen eines Skandals um zu Unrecht zurückgeforderte Kinderbeihilfen zurücktreten. Doch im Gegensatz zu anderen Ländern wuchs in den Niederlanden das Vertrauen in den Ministerpräsidenten mit der steigenden Zahl der Covid-19-Infektionen.

Das Parlament in den Niederlanden („Tweede Kamer“) bietet Platz für 150 Abgeordnete. Nach den Hochrechnungen kann Ruttes VVD mit 36 Sitzen rechnen. Da fehlen noch ein paar Stimmen, um auf eine Mehrheit von 76 zu kommen. Koalitionspartner sind also notwendig. Bisher wurde regiert mit der christdemokratischen CDA, der linksliberalen D66 und der kleinen ChristenUnie.

In der nächsten Regierung wird mit Sicherheit wieder die Partei D66 dabei sein. Sie machte einen großen Sprung nach vorne von 19 auf 27 Sitze. Da die anderen Koalitionspartner aber Stimmen verloren, könnten sich die Verhandlungen lange hinziehen. Die bisherige Mitte-Rechts-Regierung könnte sogar von einer Koalition mit linken Parteien abgelöst werden.

Im rechtspopulistischen Spektrum kämpften gleich mehrere Parteien um Stimmen. Die Partei von Geert Wilders verlor drei Sitze, aber der Nationalist Thierry Baudet gewann fünf Sitze dazu. Mit insgesamt 27 Mandaten haben rechtsaußenstehende Parteien gegenüber 2017 deutlich dazu gewonnen.

Trotz aller Veränderungen steht jedoch eines fest. Die niederländischen Wähler und Wählerinnen haben mit Mark Rutte für Kontinuität gewählt und ihm Vertrauen für das weitere Krisenmanagement geschenkt. Wir werden mit Interesse verfolgen, wann seine nächste Regierung steht.

3 Kommentare zu Rutte zum vierten…

  1. Ich frage mich bei solchen Zahlenberichten immer, ob 36 von 150 eine Mehrheit im Sinne des Wortes sind. Sehen so Gewinner aus? Tatsächlich sind es grob 24%, also nicht mal jeder vierte Wähler hat für Rutte gestimmt. Das reicht nicht, um Entscheidungen in diesen schweren Zeiten (Brexit, Corona, etc.) souverän treffen zu können. Das “Rumgeeiere” geht also auch hier weiter.

    • Die Frage der “Legitimität” stellt sich heute bei praktisch jeder Wahl, da die Nichtwähler inzwischen fast überall die schweigende Mehrheit stellen. Dass die Parteien in Demokratien, die ein proportionales Wahlsystem haben, zu Koalitionen gezwungen sind, ist eigentlich eine gute Sache, da dies zu Sachdiskussionen um politische Projekte führt. Jeder und jede hat in unseren Ländern das Recht zu wählen. Wem das Ergebnis einer Wahl nicht passt, der sollte sich lieber fragen, warum die Menschen nicht mehr wählen gehen. Am Wahltag stehen alle teilnehmenden Parteien bei Null, danach wird um Koalitionen und Projekte diskutiert. Das Gegenteil davon ist das Mehrheitswahlrecht, das zu Situationen wie in Frankreich führt, wo seit einem Jahr per Dekret am Parlament vorbei regiert wird. Selbst Viktor Orban hat in Ungarn diese Möglichkeit schon wieder ans Parlament zurückgegeben, Macron allerdings nicht. Ist das wirklich ein besseres System? Und – von wieviel Prozent der wahlberechtigten Franzosen ist Macron tatsâchlich gewählt worden? Eine Alternative wäre das belgische System, wo es eine Pflicht zum Wählen gibt und Nichtwählen als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Dort kann wenigstens niemand die Legitimität der Gewählten in Zweifel ziehen…

  2. Die “150″ bzw. “36″ beziehen sich doch auf die abgegebenen gültigen Stimmen?

    Sicher, absolut auf alle Wahlberechtigten gesehen ist das Ergebnis noch magerer.

    Dass die Nichtwähler die größte Fraktion sind, ist schon lange so. Aber, wer nicht wählt wird nicht vertreten. Ich denke nicht, dass wir hier Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder einführen sollten.

    Ich wünsche Herrn Rutte viel Erfolg.

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