Sabotage zum Auftakt der Olympischen Spiele
Innerhalb kürzester Zeit legte eine konzertierte Aktion praktisch den ganzen Fernverkehr auf der Schiene in Frankreich lahm. Wer dahinter steckt, ist noch völlig unklar.
(KL) – Im Vorfeld der Olympischen Spiele in Paris zeigte eine Umfrage, dass 85 % der Franzosen Terroranschläge oder andere Angriffe während der Olympischen Spiele befürchteten. Ihre Sorgen sollten sich noch vor der Eröffnungsfeier als richtig erweisen. Saboteure richteten auf mehreren Fernstrecken, die den Norden, den Osten und den Westen Frankreichs mit Paris verbinden, derartige Schäden an, dass die Staatsbahn SNCF erst Anfang nächster Woche damit rechnet, dass sich der Zugverkehr wieder normalisieren kann. Betroffen sind von diesem Sabotageakt rund 800.000 Reisende, denen die SNCF rät, sich erst gar nicht zum Bahnhof ihrer Abfahrt zu begeben, denn die meisten Fernzüge fallen ohnehin aus.
Offensichtlich handelte es sich um eine konzertierte Aktion, die an verschiedenen Stellen des Schienennetzes durchgeführt wurde, mit Brandanschlägen auf Einrichtungen, ohne die der Zugverkehr nicht möglich ist und in einer Geschwindigkeit, dass niemand darauf reagieren konnte. Wer hinter diesen Sabotageakten steckt, die von der SNCF als „massiver Angriff“ bezeichnet wurden, ist unklar – sie richten sich auf jeden Fall gegen die Olympischen Spiele. Dabei gibt es zahlreiche Gruppierungen, die als Täter in Frage kommen, doch das müssen die Ermittler herausfinden, die nun unter Hochdruck Erfolg haben müssen, denn solche dezentralen Aktionen sind in der Praxis nicht zu verhindern und könnten sich wiederholen.
Abgesehen davon, dass wir uns mitten in der Ferienzeit befinden, in der auch nicht an Sport interessierte Franzosen verreisen wollen, dürften zahlreiche Sportfans Schwierigkeiten haben, zu den Sportstätten in Paris zu gelangen. So kurzfristig von der Schiene auf Inlandflüge auszuweichen, dürfte ziemlich schwierig (und teuer) sein, das Auto kann man vergessen, denn Paris ist eine Art Hochsicherheitszone, in die man mit dem Auto gar nicht hinein kommt. Und über allem schwebt die bange Frage, ob diese Sabotageakte erst der Auftakt zu weiteren, eventuell noch gefährlicheren Angriffen ist.
Auch, wenn sich alle staatlich kontrollierten Medien momentan vor Begeisterung für diese Spiele überschlagen, so stehen sehr viele Franzosen dieser völlig überdimensionierten „Personality Show“ des Präsidenten kritisch gegenüber. Der Aspekt „Brot und Spiele“, um die momentan durch eben diesen Präsidenten aufgebrachten Franzosen zu beruhigen und um von den flagranten Demokratie-Defiziten Macrons abzulenken, ist nicht zu übersehen und auch, dass es sich nicht um die „Spiele der Franzosen“ handelt, ist ebenfalls klar – die meisten Franzosen können sich den Besuch der Spiele gar nicht leisten und viele haben auch keine Lust, in das Militärlager Paris zu fahren, wo sich selbst die Bewohner der Stadt kaum noch frei bewegen können.
Viele Franzosen ärgern sich auch über die Kosten dieses überdimensionierten Hochsicherheits-Spektakels im dritthöchst verschuldeten Land Europas, das seit 2018 von sozialen Unruhen erschüttert wird, denen der Präsident jetzt auch noch ohne Not politische Unruhen hinzugefügt hat, indem er das Land durch hektisch vor diesen Olympischen Spielen organisierte Neuwahlen in zusätzliches Chaos gestürzt hat, deren Ergebnisse er schlicht und ergreifend ignoriert.
Nach diesem Auftakt muss Frankreich nun darum zittern, wie diese „Spiele“ ablaufen werden, ob es erneut zu gewalttätigen Zwischenfällen oder gar Anschlägen kommt. Dass der erste Zwischenfalls dieser Art noch vor der eigentlichen Eröffnung von „Paris 2024“ stattfand, lässt nichts Gutes erahnen. Dass sich Frankreich unter diesen Umständen kaum als weltoffenes, gastfreundliches und nettes Land präsentieren kann, ist jetzt schon klar. Aber wenn es um den persönlichen Ruhm des Präsidenten geht, ist nichts zu teuer, es muss durchgezogen werden, „koste es, was es wolle“. Man kann Frankreich nur viel Glück für diese „Spiele“ wünschen, mit dem mulmigen Gefühl, dass das Land tatsächlich eine gute Portion Glück brauchen wird, damit diese „Spiele“ nicht zu einer Katastrophe werden.
Wenn das der DB passiert und es wegen Umleitungen zu einer oder eineinhalb Stunden Verspätung gekommen wäre, hätte es im üblichen Bahn-Chaos gar keiner bemerkt. Da weiß man gar nicht, wer einem mehr leid tun soll, die Bahn oder die Terroristen.