Samstags (äh, sonntags…) gehört Vati mir! Mami auch.

Mehrere Gewerkschaften sind in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Straßburg gescheitert – sie wollten ein Verbot der Ladenöffnungen am Sonntag erwirken.

Sonntag haben die Geschäfte im Elsass geöffnet. Vermutlich zum letzten Mal für eine lange Zeit... Foto: Marlith / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die richtig älteren Semester werden sich vielleicht noch erinnern. 1956 begann die Kampagne „Samstags gehört Vati mir!“ – mit dieser Kampagne begann in Deutschland der gewerkschaftliche Kampf für den arbeitsfreien Samstag und die 40-Stunden-Woche. Bis dahin arbeiteten die deutschen Arbeitnehmer an sechs Tagen in der Woche 48 Stunden lang. Zielsetzung der Kampagne war eine Verbesserung der Lebensqualität von Arbeitnehmern. Die Kampagne hatte Erfolg: Zunächst wurde der arbeitsfreie Samstag eingeführt, im Bergbau bereits 1959, bei den Versicherungen 1960, in den Banken 1961. Und auch die 40-Stunden-Woche kam – 1965 in der Druckbranche, 1967 in der Metallindustrie und von da an schrittweise in allen Bereichen. An diese Kampagne müssen die französischen Gewerkschaften gedacht haben, als die vor Gericht die Aussetzung der Öffnungsgenehmigung für den Einzelhandel an den Sonntagen des 17., 24. und 31. Januar forderten. Doch das Gericht lehnte ab.

Die Sondererlaubnis der Präfektur, die Geschäfte an diesen drei Sonntagen zu öffnen, ist eine Maßnahme, mit der die angeschlagenen Einzelhändler ein wenig auf die Füße fallen sollen, nachdem ihnen bereits das Weihnachtsgeschäft weggebrochen war. Dass diese sonntägliche Öffnung zu einer maximalen Anzahl sozialer Kontakte führt, steht auf einem anderen Blatt und war auch nicht Gegenstand der Verhandlung vor dem Straßburger Verwaltungsgericht.

Das Argument der Gewerkschaften wäre zu „normalen“ Zeiten absolut nachvollziehbar. Sie sagten vor Gericht, dass die Erlaubnis zur Sonntagsarbeit für die Beschäftigten eine Einschränkung deren Rechte auf das Leben, den Schutz der Gesundheit und der Erholung von Arbeitnehmern darstellt. In einer allgemeinen Diskussion zum Thema „Sonntagsarbeit“ wären das Punkte, an denen man nicht vorbeidiskutieren könnte. Nur – wir leben gerade nicht in „normalen“ Zeiten und dass wir mitten in einer heftigen Pandemie stecken, besonders im Elsass, wo die Inzidenz nach wie vor deutlich über 200 liegt, sollte sich mittlerweile selbst in den Gewerkschaften herumgesprochen haben. Denn es geht ja nicht um eine generelle Öffnung der Geschäfte an Sonntagen, sondern lediglich um drei Sonntage im Januar, von denen ohnehin nur noch einer übrig bleib- – nämlich dieser Sonntag.

Anders wäre es in der öffentlichen Wahrnehmung gewesen, hätten die Gewerkschaften angeführt, dass die sanitären Maßnahmen der Regierung zu einer hohen Konzentration von Menschen an den Wochenenden in den Innenstädten führt, da die abendlichen Ausgangssperren für viele den abendlichen Einkauf von Lebensmitteln und anderen notwendigen Dingen praktisch unmöglich macht. In der aktuellen Phase die „Erholung der Arbeitnehmer“ anzuführen, weil die Geschäfte an drei Sonntagen öffnen, das ist schon ein wenig an der aktuellen Situation vorbei argumentiert.

Auch der Zeitpunkt des Verfahrens ist seltsam, zwei Tage vor dem letzten der drei Sonntage, an denen die Geschäfte im Elsass geöffnet bleiben dürfen.

Auf jeden Fall befanden die Richter des Verwaltungsgerichts, dass die Präfektin Josiane Chevalier das Leben, die Gesundheit und das Recht auf Erholung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht gefährdet habe. Also darf am Sonntag im Elsass noch einmal eingekauft (und dabei das Virus noch einmal rund verteilt) werden. Danach ist ohnehin Schluss – denn bereits in den kommenden Tagen erwartet Frankreich neue, sehr strikte Maßnahmen, in deren Rahmen speziell an den Wochenenden das ganze Land heruntergefahren werden soll.

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