Der SC Freiburg und die Szenarienvermeidung

Vor dem ausverkauften Schlussspiel um den Klassenerhalt in Hannover muss Christian Streich seine Mannschaft gut auf ein aggressives Feuerwerk der Gastgeber einstellen. Foto: Eurojournalist(e)

(AB) – Berlin, Freiburg, Hannover, Stuttgart, Hamburg und Paderborn – sechs Mannschaften steigen am letzten Bundesliga-Spieltag in den Ring, um zwei Abtsiegsplätze und einem Relegationsrang aus dem Wege zu gehen wie der Teufel dem Weihwasser. Jeden könnte es erwischen, jeder kann sich noch retten; und mit den Duellen Hannover gegen Freiburg und Paderborn gegen Stuttgart stehen sich am Samstag ab 15.30 Uhr vier der Clubs im Abstiegskampf direkt gegenüber.

Der SC Freiburg hat mit 35:45 das mit Abstand positivste Torverhältnis aller Wackelkandidaten, und Freiburgs Trainer Christian Streich hält fest: „Das ist so gut wie einen Punkt wert, aber das haben wir uns auch hart erarbeitet.“ Hannover und Freiburg blicken jeweils auf einen 2:1-Erfolg am letzten Spieltag zurück und treffen daher in einer Art Gleichschritt der Zuversicht aufeinander. Während Freiburg zuhause die Münchner Bayern bezwang, glückte den 96ern ein 2:1-Auswärtssieg in Augsburg; zuvor waren die Niedersachsen sechzehn Spiele in Folge sieglos geblieben. Auch bei Freiburg gab es mehr Schatten als Licht in den Ergebnissen, doch verbuchten die Breisgauer im gleichen Zeitraum immerhin fünf Spiele mit dreifacher Punktwertung für sich.

„Wir gehen das so an, wie alle anderen Spiele auch“, sagte Freiburg-Coach Christian Streich am Donnerstag. „Ich wüsste nicht, was wir da noch drauf packen sollten.“ Streichs Erwartungen an die eigene Truppe tendieren seiner Aussage nach gegen Null: „Ich erwarte nichts. Ich erhoffe mir, dass die Jungs mit Freude ins Spiel gehen und die Balance finden zwischen Anspannung und Leichtigkeit.“ In jedem Fall erwartet Streich „einen hoch aggressiven Gegner“ in Hannover: „Spätestens nach dem 2:1 in Augsburg sind die wieder da. Aber wir auch.“ Streichs Credo: „Wichtig ist vor allem, dass das ein faires Aufeinandertreffen wird.“ Die HDI-Arena ist mit 49.000 Zuschauern ausverkauft; aus Freiburg reisen 2.500 SC-Fans an. „Für die Zuschauer wird das ein hochintensives und spannendes Spiel“, prophezeit Streich.

Der Freiburger Trainer will bis zum frühen Samstagabend allen Was-passiert-wenn-Szenarien aus dem Weg gehen: „Wir können das Spiel selbst so gestalten, dass wir eine für uns intensive Saison erfolgreich abschließen können. Aber auch diesen Gedanken dürfen wir nicht in einer Endlosschleife zulassen.“ Zuversicht bezieht Freiburg neben dem Torverhältnis und dem zurückliegenden Sieg gegen die Bayern auch aus der ansteigenden Formkurve bei den drei Angreifern Admir Mehmedi, Nils Petersen und Karim Guédé. Mit Petersens Joker-Qualitäten, Mehmedis zuletzt wieder aufblitzenden Torriecher und Guédés Kampfkraft schicken die Breisgauer ein womöglich entscheidendes Offensivmomentum ins Rennen.

Seine Spieler sollen sich laut Streich am Samstag nicht „von der Wucht und Aggressivität der 96er beeindrucken lassen“. Hannovers Trainer Michael Frontzeck (51), als Spieler beim SC Freiburg unter Volker Finke 1997 und 1998 aktiv, wird am Samstag erst sein fünftes Spiel als Cheftrainer der 96er absolvieren – es könnte ein Schicksalsspiel werden. Christian Streich blickt in diesen Tagen kritisch auf diesen Job: „Wir sind alle Trainer und unserem Sport ausgeliefert – weil wir es so wollen, man kann sich ja kaum dagegen wehren.“

Egal, wie es am Samstag ausgeht, Streich mag vorab weder Panik noch übertriebene Zuversicht verbreiten: „Wir werden auch danach noch einer der tausend tollsten Vereine in Deutschland sein.“ Erst in der zweiten Halbzeit will sich Streich in Hannover über die Zwischenstände bei den anderen Spielen auf dem Laufenden halten lassen: „In der ersten Halbzeit interessiert mich gar nichts – irgendwann dann sicher schon. Alles Wesentliche passierte eh direkt vor meinen Augen.“

Ruhe vor dem Sturm: Kaum eine Bundesligatruppe hat je ein schicksalhaftes Abstiegskampfwochenende derart unaufgeregt in Angriff genommen wie der SC Freiburg. Die Mannschaft hat in dieser Woche verhalten trainiert, mit einem Schwerpunkt auf maximaler Erholung nach dem Kraftakt gegen die Bayern: Am Montag, Dienstag und Donnerstag gab es je nur eine Trainingseinheit; der Mittwoch war trainingsfrei. Streich: „Es war ein bissl Freude zu spüren nach dem Sieg gegen München.“ Trotzdem blieb der grüne Vorhang am Trainingsplatz zu. „In unserem Beruf stehen wir extrem unter Beobachtung bei allem was wir tun“, so Streich. „Deshalb haben wir den zugezogen; es ist dann stiller, und man steht nicht derart unter Beobachtung. Da kann man auch mal mehr in Ruhe mit einzelnen Spielern reden und Dinge umsetzen.“

Relegation: Der SC Freiburg bereitet sich intensiv auf eine mögliche Relegation als eventueller Tabellensechzehnter gegen den Zweitligadritten vor. „Wir beobachten alle in Frage kommenden Gegner genau so wie unsere Bundesligagegner“, so Streich. Der SC analysiert Karlsruhe, Kaiserslautern und Darmstadt eingehend. Vor allem Darmstadt nötigt Christian Streich, gemessen an den Voraussetzungen, Respekt ab: „Die holen dauerhaft hundert Prozent aus ihren Möglichkeiten heraus, das habe ich noch nie geschafft. Da ziehe ich alle Hüte.“ Streich zu einer möglichen Relegation: „Wir sind da im Bilde. Wenn es dazu kommen sollte, geht es bei uns am Sonntag voll weiter.“

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