Schafft Europa heute ein Umdenken?

Bei der heutigen Eilsitzung europäischer Staats- und Regierungschefs in London geht es um vieles. Hoffentlich ist den Sitzungsteilnehmern klar, dass sie sich anders verhalten müssen als bisher.

Dieses Treffen wird in die Geschichtsbücher eingehen - doch werden die Europäer trotzdem kaum umdenken. Foto: The White House / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Die Welt ist erschüttert von dem denkwürdigen Zusammentreffen von Selenskyi und Trump in Washington. Die Reaktionen in aller Welt zeigen, wie zerrissen die Welt und auch Europa zum Thema Ukraine-Krieg ist. So unpassend und aggressiv die Attitüde der US-Delegation im Oval Office war, so hatte Donald Trump in vielen Punkten dennoch leider Recht.

Die spontanen Reaktionen von rund 30 Staats- und Regierungschefs auf „X“ waren für den weiteren Verlauf beunruhigend. Denn alle zusammen übernahmen erneut das ukrainische Narrativ eines „gerechten Friedens“, der aus der „Position der Stärke“ heraus erzwungen werden soll.

Doch drei Punkte sprechen gegen diese schnell geposteten Tweets. Erstens, einen „gerechten Frieden“ als Ergebnis eines brutalen Kriegs gibt es leider nicht. Hat es auch noch nie gegeben. Und wird es auch nicht geben. Zweitens, die „Position der Stärke“ der Ukraine gibt es auch nicht, es ist reines Wunschdenken. Die Ukraine, das verrät der Blick auf den Frontverlauf, hat massive Probleme sich zu verteidigen und die Nadelstiche, die von der Ukraine im russischen Hinterland gesetzt werden, sind für Putin allerhöchstens ein Ärgernis. Und drittens, und das ist vielleicht der wichtigste Punkt, niemand, außer den USA, spricht mit Russland. Es gibt keine Verhandlungen. Es gibt keine Gespräche. Es gibt nichts, das darauf hindeutet, dass dieser Krieg nicht noch Jahre weitergehen wird.

Dass sich Trump durch seine Haltung und Art keine Freunde gemacht hat, ist klar. Doch die „Sofa-Kriegstreiber“ bei uns, die nun die Sozialen Netzwerke mit einer geradezu peinlichen Selenskyi-Heldenverehrung fluten und laut nach mehr Krieg und mehr Rüstungsausgaben schreien, beklatschen damit weiterhin den Tod zahlreicher Ukrainer und Russen, denn das ist Krieg – Töten, Sterben und Zerstören. Da lässt es sich leicht nach mehr Krieg und Härte vom heimischen Sofa aus brüllen, wenn man selbst nicht Gefahr läuft, in diesem Krieg zu sterben.

Beenden kann man ein solches Drama kaum, indem man einfach weiter Milliarden und Waffen in diesen Krieg pumpt, wobei Europa gerne verdrängt, dass hinter Russland die BRICS-Staaten stehen, die nicht nur die Hälfte der Weltbevölkerung und ein BIP darstellen, das bereits über dem der G7-Staaten liegt und dass der Krieg, den Europa so gerne führen würde, genau in den III. Weltkrieg mündet, was Trump dem ukrainischen Präsidenten auch vorgeworfen hat.

Dabei geht es nicht etwa um eine Täter-Opfer-Umkehr, wie sie viele Länder im Gaza-Konflikt vollzogen haben. Dass Russland die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen hat, das ist jedem klar, ändert aber nichts daran, dass sich die Ukraine im Interesse ihrer Bevölkerung hierzu zu verhalten hat. Ob es im Interesse der Ukrainer liegt, sich in einem Endloskrieg opfern zu lassen, sollte man besser die Ukrainer fragen.

In London müssen die Europäer heute etwas mehr bringen, als einfach nur die ukrainischen Narrative zu wiederholen und das Scheckbuch zu zücken. Denn das, was Europa seit drei Jahren mit Hunderten Milliarden Euro in der Ukraine bewirkt, ist so gut wie nichts. Die Front bewegt sich nur wenig und wenn, dann in Richtung des Landesinneren der Ukraine. Da ist die „Strategie“, einfach so weiterzumachen und Selenskyi in den III. Weltkrieg zu folgen, nicht sehr vielversprechend.

Bei seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz hatte US-Vizepräsident J. D. Vance Recht, als er sagte, dass Europa drei Jahre Zeit hatte, zu agieren. Doch Europa hat sich drei Jahre lange geweigert, eine eigene Strategie für die Beendigung dieses Kriegs zu entwickeln und hat sich darauf beschränkt, Selfies mit Selenskyi zu machen und dessen Forderungen nach Waffen und Geld zu erfüllen. Mit dem „Erfolg“, den wir heute in der Ost-Ukraine sehen. Soll das nicht noch Jahre so weitergehen, wird sich Europa anders verhalten müssen als bisher – doch die Reaktionen aus den europäischen Hauptstädten deuten nicht darauf hin, dass die europäischen Länder bereit wären, etwas anderes zu tun als sich die Kriegs-Propaganda zueigen zu machen, Waffen zu liefern und Geld zu schicken.

Dass nun in vielen Regierungen und den Sozialen Netzwerken der Wunsch nach dem Ende dieses Kriegs mit einer „Putin-freundlichen Einstellung“ gleichgesetzt wird, ist ein schlechtes Zeichen. Man erinnere sich daran, wie Kanzler Olaf Scholz von allen Seiten angegriffen wurde, weil er es gewagt hatte, mit Putin zu telefonieren. Was hat denn die Partner daran so gestört? Dass Scholz eventuell die endlose Fortsetzung dieses Kriegs gefährdet hat? Doch wenn man diesen Krieg beenden will, mit wem sollte man dann sprechen, wenn man nicht mit Putin reden will?

Dass die USA jetzt als Finanzierer der Ukraine wegfallen, dass Kiew nicht mehr mit amerikanischen Waffen und Sicherheits-Garantien rechnen muss, liegt auf der Hand. Doch die Ankündigung der Europäer, dass man dann eben die USA ersetzen wird, um einen immer weiter eskalierenden Endlos-Krieg führen zu können, ist vermessen und realitätsfremd.

Die Zielsetzung kann nicht sein, diesen Krieg immer weiter zu führen, sondern die Zielsetzung muss lauten, diesen Krieg zu beenden. Dabei fällt auf, dass Europa zwar Milliarden in diesen Krieg gepumpt hat, sich auf eine „Kriegswirtschaft“ umgestellt hat und bislang fast jeden Wunsch Selenskyis erfüllt hat, doch zu keinem Zeitpunkt Anstrengungen unternommen hat, um den Krieg zu beenden. Dafür haben Länder wie Deutschland und Frankreich ihre Rüstungsindustrie saniert und zum Florieren gebracht und so lange man an diesem Krieg Geld verdienen kann, denkt überhaupt niemand an Frieden. Sonst würde man wohl auch nicht seit drei Jahren die eigenen Sanktionen unterlaufen und weiterhin den Krieg auch für die russische Seite finanzieren.

Und so wird heute in London wohl kaum etwas Neues herauskommen. Es wird eine hübsche Erklärung geben, dass man unverbrüchlich an der Seite der Ukraine bis zum Endsieg stehen wird, dass man weiter Milliarden in diesen Krieg pumpen wird und dass man das so lange machen wird, bis man Putin zu einem „gerechten Frieden“ zwingen kann. Das sind die gleichen Slogans wie seit drei Jahren, doch angesichts der Tatsache, dass den Europäern in diesen drei Jahren nichts anderes eingefallen ist, stehen die Chancen hoch, dass wir weiterhin die gleichen, realitätsfernen Sprüche hören werden. Und so, wie sich gerade alle verhalten, wird dieser Krieg noch sehr, sehr lange dauern, weiter eskalieren und hinterher werden sich alle fragen, wie es zum III. Weltkrieg kommen konnte. Im Westen nicht Neues…

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