Schunkelnd ins Kulturchaos

Ein erschreckendes Bild aus Paris gibt zum tiefen Nachdenken Anlass über die Fragen, die uns doch so auf den Nägeln brennen und die Gesellschaften links und rechts des Rheins in Atem halten.

Dieses erschütterliche Bilddokument aus dem öffentlichen Straßenraum von Paris wurde unserem Autor durch Herrn H. Stimpel aus Berlin zugespielt, dem es wiederum von seinem Bruder R. übermittelt wurde. Wo soll das noch enden? Foto: privat

(Von Michael Magercord) – Krachleder, Jodeln, Schuhplattler, diesen Kasatschok für Arme, und das alles unterm Eiffelturm – was muss noch geschehen, bevor es auch der letzte kapiert hat, was das bedeutet?

Ein guter alter Freund hat mir dieses erschreckende Bilddokument zugespielt, verbunden mit dem Hinweis, es keinesfalls meiner Frau zu zeigen. Die ist Französin und entsprechend dünnhäutig, wenn es um Fragen der Kultur geht. Oder – wie in diesem Falle – des Verfalls derselbigen. Meist sind daran die anderen schuld, aber unter uns: dieses Mal nicht. Denn ja, dem Kulturdruck von außen mag oft nur schwer zu widerstehen sein, aber man muss es auch mit sich machen lassen – oder wo bitte schön steht das europäische Disneyland?

Und nun auch noch das: ab heute Oktoberfest in Paris und wie der Veranstalter auf seiner Website droht, später noch Marseille. Was erwartet jene, die auf so etwas einlassen? Zitat: „Au programme: Fassanstich, Steinsberger Musikanten, Cancan bavarois et Masskrugstemmen” – ja, man muss sich schon wundern, wie schnell es gehen kann: vor kaum 230 Jahre noch stolze Revolutionäre der Aufklärung, heute schunkelnd in den Abgrund der kulturellen Deformation.

Die Frage nach dem Warum öffnet der Spekulation ein heutzutage ja nur noch beengtes Feld. Denn klar: auch diese Dekadenz ist ein Ergebnis von unkontrollierter Zuwanderung. Es kann eben nicht folgenlos bleiben, wenn sich in Frankreich fast 100.000 Menschen aus dem östlichen Nachbarland niedergelassen haben. Darin ist die Dunkelziffer der vielen Ungemeldeten und Abgetauchten noch gar nicht miteingerechnet. Wie viele von denen kommen dann auch aus dessen südöstlicher Ecke, noch weit hinterm Wald, dem Schwarzen, gelegen? Wie färbt sich ihr Treiben auf ihr Gastland ab? Und, und, und – ein Thema und doch Fragen über Fragen, aber ach, lieber würde man sich an diesen Mutmaßungen gar nicht beteiligen, zumal ja eines auf jeden Fall schon mal feststeht: hier geht es nicht mehr um eine im Soziologendeutsch als „soziokulturelle Aneignung“ verharmloste Übernahme fremder Kulturtechniken, nein: das ist bereits eine Ausgeburt des falsch verstandenen Wohlwollens gegenüber vormodernen und archaischen Lebensformen – kurz: das Symptom eines heillosen Kulturchaos.

Pralle Lederhose und aufstrebender Eiffelturm – da mögen so manchem noch andere, ungezieme Assoziationen kommen. Die sollen aber an dieser Stelle phantasievolleren Ungeistern überlassen werden, ich beschränke mich auf die eine, die heutzutage einzig noch gültige Schlussfolgerung zur Erklärung aller Übel unserer Zeit. Und weil man es sich heute so wunderbar einfach machen kann, ist es eben auch einfach zum K...!

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