Sehr sinnvoll, diese Sanktionen…

Eine seltsame Meldung zu Kriegszeiten, in denen man Russland mit scharfen Sanktionen belegt. Laut Statistischem Bundesamt steigen die deutschen Exporte nach Russland wieder. Ist alles nur eine Maskerade?

Krieg und Pandemle - die Pharma-Industrie gewinnt immer... der Maschinenbau allerdings auch. Foto: Ruwaym / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Man kann zwar Zahlen interpretieren, wie es einem passt, doch gibt es auch Zahlen, die erzählen ganze Geschichten. Wie beispielsweise die Geschichte der Handelsbeziehungen mit Russland, die trotz verhängter Sanktionen munter weiterlaufen. So stiegen im Kriegsmonat Mai die deutschen Exporte nach Russland im Vergleich zum Kriegsmonat April um 35,6 % – während gleichzeitig Deutschland weiterhin Putins Kriegskassen durch die Energie-Importe füllt. Zwei Bereiche beleben die deutschen Exporte nach Russland besonders: die Pharmaindustrie und der Maschinenbau.

Dosierte Pharmaprodukte sind von den Sanktionen explizit ausgenommen und man stellt fest, dass es die Pharmaindustrie schafft, an allen aktuellen Weltkrisen richtig viel Geld zu verdienen. Dass allerdings auch der deutsche Maschinenbau im Mai Waren für 279,9 Millionen Euro nach Russland geliefert hat, das erstaunt. Gewiss, im Vergleich zum Vorjahresmonat Mai ist dies ein Rückgang um mehr als die Hälfte (-52,2 %), doch sehen die Zahlen hier ganz anders aus als im Automobil-Sektor, dessen Export-Rückgang nach Russland 96,2 % beträgt. Frage an den Maschinenbau: Wenn eine Sanktion nur zur Hälfte umgesetzt wird, was bringt sie dann? Auch nur die halbe Wirkung? Oder gar keine?

Im Vergleich zu den Umsätzen, die Putin mit seinen Energie-Exporten erzielt (deren Erlöse wie gewünscht in Rubel in Moskau eintreffen…), sind die aktuellen deutschen Exporte nach Russland gering. Doch zum Erliegen sind die Handelsbeziehungen zwischen dem Westen und demjenigen, der gerade den gesamten Weltfrieden bedroht, nicht. Viele Branchen und Unternehmen suchen weiter nach Schlupflöchern, über die sich die eigenen Sanktionen umgehen lassen. Denn beim Geld hört offenbar die Freundschaft auf. Auch die „Freundschaft“ mit der Ukraine.

Doch haben die verhängten Sanktionen bislang vor allem in den Ländern Wirkung gezeigt, die sie verhängt haben. Die Vorstellung, man könne Russland und die Russen über diese Sanktionen „in die Knie zwingen“, wie es sich zahlreiche westliche Politiker wünsche, zeigt eigentlich nur, wie wenig der Westen von Russland versteht. Putin hat über seine Propaganda geschickt das Gefühl in der russischen Gesellschaft verbreitet, das Land sei nicht etwa der Aggressor, sondern selbst Opfer eines perfiden Angriffs durch den Westen. Doch in Situationen, in denen sich die Russen angegriffen fühlen oder es tatsächlich sind, stehen die Russen geschlossen hinter ihren jeweiligen Führern und sind zu Opfern aller Art bereit. In solchen Situationen sorgen die Sanktionen eher noch für einen größeren Zusammenhalt in der russischen Gesellschaft.

Die sozialen Spannungen und Mangelsituationen, mit denen der Westen vorhatte, Russland „in die Knie zu zwingen“, werden vor allem im Westen zu spüren sein. Momentan ächzen zwar alle unter der Sommerhitze, doch der nächste Winter und seine Energie-Engpässe rollen unaufhaltsam auf den Westen zu.

In einer solchen Situation zu lesen, dass das Statistische Bundesamt einen neuen Anstieg der Exporte nach Russland vermeldet, das ist irritierend. Ebenso wie die anderen Fälle, in denen die Sanktionen umgangen werden. Vielleicht wäre es doch an der Zeit, sich einmal etwas genauer Gedanken darüber zu machen, was der Westen eigentlich in der Ukraine will. Das, was man erreichen will, scheint jedenfalls über diese Sanktionen kaum zu realisieren zu sein.

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