„Seht zu, wie ihr da ‘rauskommt!“

Angesichts der täglich steigenden Spannungen rund um Israel fordert das Auswärtige Amt die Deutschen im Libanon auf, das Land sofort zu verlassen. Aber wie?

Der Flughafen Beirut wird zum Nadelöhr für die Evakuierung der 2900 im Libanon befindlichen Bundesbürger. Foto: Ian Lim / Wikimedia Commons / GNU 1.2

(KL) – Die Anspannung vor einem möglichen Vergeltungsschlag des Iran auf Israel, eventuell sogar konzertiert mit Angriffen der Hezbollah, der Hamas und der Huthi-Terroristen, steigt täglich. Angesichts dieser Bedrohungslage fordert das Auswärtige Amt Deutsche im Libanon auf, das Land sofort zu verlassen, zumal eine Evakuierung im Ernstfall so gut wie nicht möglich ist. Doch eine Erhebung der deutschen Botschaft im Beirut zeigt, dass sich momentan mindestens 2900 Deutsche im Libanon befinden und für die gibt es kaum einen Weg nach draußen.

Offenbar bereitet sich der Nahe und Mittlere Osten auf einen größeren Angriff auf Israel vor, wobei auch ein Präventivschlag Israels auf den Iran nicht ausgeschlossen werden kann. So verhängte Ägypten bereits für seine Flugzeuge ein nächtliches Überflug-Verbot über Teheran, da man auch dort mit Angriffen rechnet. Dazu kommen die gegenseitigen Angriffe der im Libanon befindlichen Hezbollah auf Israel und Israels Gegenschläge gegen die Positionen der Hezbollah, die sich bis hin in den Vororten Beiruts befinden.

Doch wohin sollen die 2900 Deutschen, die sich noch im Libanon befinden? Eine Ausreise in Richtung Türkei über Syrien ist momentan nicht möglich, da man nicht durch das geschundene Land einfach bis in die Türkei fahren kann. In den Süden nach Israel? Das wäre alles andere als eine sichere Option. Per Schiff nach Zypern? Der Hafen von Beirut ist seit der gigantischen Explosion in diesem Hafen vor einiger Zeit so gut wie nicht nutzbar. Bleibt also nur das Flugzeug, doch es gibt momentan kaum Flüge in die Sicherheit und die wenigen Flüge, die es noch gibt, kosten inzwischen ein kleines Vermögen.

Da ist die Aussage des Auswärtigen Amts, dass es „nicht wahrscheinlich ist, dass es zu einer schnellen Luftabholung kommt“, wenig beruhigend und der Rat, so schnell wie möglich auf eigene Faust auszureisen, fast schon zynisch. Allerdings ist die Warnung des Auswärtigen Amts auch sehr realistisch, denn im Falle eines größeren Angriffs auf die Region und entsprechende Gegenangriffe auf den Libanon, dürften Evakuierungsflüge mitten in einer Kriegssituation nur sehr schwer durchzuführen sein, vor allem auch angesichts der hohen Zahl Bundesbürger, die sich im Libanon befinden.

Was Bundesbürger angeht, die sich gerade in Israel aufhalten, kann man in Berlin nur mit den Achseln zucken. „Wir gehen davon aus, dass die Leute, die sich jetzt in Israel aufhalten, sich sozusagen in vollem Bewusstsein der Lage in Israel aufhalten“, heißt es in Berlin. Und klar ist, dass es im Fall größerer Auseinandersetzungen kaum eine Möglichkeit geben wird, Bundesbürger aus Israel auszufliegen.

Für eine eventuelle Evakuierung steht am Luftwaffenstützpunkt Wunstorf eine A400M, die im Ernstfall nicht ausreichen würde, um 2900 Menschen aus dem Libanon auszufliegen, wenn diese Maschine überhaupt in Beirut landen und starten könnte, denn erfahrungsgemäß ist der Flughafen Beirut eines der ersten Ziele bei Kampfhandlungen. Die Lage wird also immer schwieriger.

In der Zwischenzeit wird die Lage zur Nervenprobe. Alle warten auf einen iranischen Angriff, die Hezbollah greift bereits Israel an und niemand kann sagen, wann und ob und wie es zu diesem Angriff kommt. Wie es die Tausenden Bundesbürger, die sich momentan in dieser Region befinden, wieder nach Hause schaffen sollen, steht in den Sternen. Nun kann man nur hoffen, dass es nicht zu einer „Robusten Luftabholung“ durch die Bundeswehr kommen muss, der höchsten von drei Evakuierungsstufen. Bei einer solchen „Robusten Luftabholung“ müssen die Menschen nämlich erst freigekämpft werden, bevor man sie ausfliegen kann. All das sind Zeichen, dass die nächsten schweren Auseinandersetzungen rund um Israel unmittelbar bevorstehen.

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