Sind ein Drittel der Ostdeutschen Neonazis?

Die AfD kam bei der Europawahl bundesweit auf 16,2 % der Stimmen, allerdings liegen die Rechtsextremen in den neuen Bundesländern mit 27,1 % weit vorne. Beunruhigend.

Klare Kante scheint nicht mehr gegen die braune Welle auszureichen. Foto: Elke Wetzig / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Wer heute noch für die AfD stimmt, kann sich nicht mehr auf die Aussage „Protestwahl“ zurückziehen – wer heute noch AfD wählt, ist ein erklärter Anhänger der braunen Ideen der AfD, die angeführt von zwei Spitzenkandidaten, denen die Ermittler verschiedener Staatsanwaltschaften Spionage und Korruption für China und Russland vorwerfen, in den neuen Bundesländern mit 27,1 % der Stimmen mit Abstand die stärkste Partei ist. Für die im Herbst anstehenden Landtagswahlen in drei Ost-Bundesländern muss man das Schlimmste befürchten. Dass der Osten so massiv hinter dieser Partei steht, die speziell in Bundesländern wie Thüringen eindeutig faschistische Tendenzen an den Tag legt, lässt eigentlich nur einen Schluss zu – fast ein Drittel der Ostdeutschen stehen dem Gedankengut der Neonazis offen gegenüber. 80 Jahre nach der Landung der Alliierten in der Normandie führt das zu der bitteren Erkenntnis, dass die Entnazifizierung der Alliierten nach dem II. Weltkrieg nicht oder nur unzureichend funktioniert hat.

Doch wie muss man gestrickt sein, um Kandidaten einer Partei zu wählen, die im Fadenkreuz der Ermittler wegen Korruption und Spionage für feindliche Mächte stehen? Ist Kriminalität nun die „Alternative für Deutschland“? Oder unterstützen die 27,1 % der Ostdeutschen, die für die AfD gestimmt haben, Kriminelle, die am Untergang Europas arbeiten?

Natürlich hat ein solches Stimmverhalten mit Verzweiflung zu tun, mit der geradezu pathetischen Schwäche der „Ampel-Koalition“ SPD-Grüne-FDP in Berlin, die zusammen gerade noch auf 31 % der Stimmen kommt, also so viel wie die größte Oppositionspartei CDU/CSU geholt hat. Doch diese Verzweiflung erklärt noch nicht, wie man für Kandidaten stimmen kann, die sich selbst offen als „Faschisten“ bezeichnen.

Der Faschismus wurde nach dem II. Weltkrieg in der DDR per Dekret als „besiegt“ erklärt und fortan war man ein sozialistisches Bruderland im Warschauer Pakt, das nicht müde wurde, in der „Aktuellen Kamera“ mit dem Finger auf das immer noch faschistische Westdeutschland zu zeigen. Immerhin, die Berliner Mauer, die nicht nur in Berlin die beiden deutschen Staaten trennte, wurde als „Antifaschistischer Schutzwall“ bezeichnet. Nur dass sich eben die Faschisten mehrheitlich gar nicht auf der Seite der Mauer befanden, wo man sie vermutete.

Diese Europawahl hat schonungslos den Graben aufgezeigt, der heute noch die beiden Deutschlands trennt. In der Ex-DDR sind ein dumpfer Faschismus und ein virulenter Antisemitismus tief verankert und bahnen sich nun den Weg an die Oberfläche. Wie in Frankreich zeichnet sich ab, dass der nächste Schritt der Einzug der Rechtsextremen in Machtpositionen sein wird und das ist ganz offensichtlich von einem großen Teil der Bevölkerung gewünscht.

Die Schuld an dieser Entwicklung tragen gleich mehrere Seiten. Zunächst die Wählerinnen und Wähler selbst, die den Faschismus in Deutschland zum zweiten Mal hoffähig machen und zum anderen, die Parteien, deren unglaubliche Schwäche, Ideenlosigkeit und personelle Wüste dafür sorgen, dass inzwischen jeder, der sich anders präsentiert als diese abgehalfterten ehemaligen Volksparteien, gute Chancen hat gewählt zu werden. Das beste Beispiel ist das BSW von Sahra Wagenknecht, das zwar niemand in der Politiklandschaft verorten kann, das aber dennoch aus dem Stand 6 Europaabgeordnete nach Straßburg schicken kann.

Die neuen Bundesländer werden im Herbst bei ihren Landtagswahlen die Politiklandschaft erneut erschüttern und in einigen der betroffenen Bundesländer wird nicht einmal mehr eine „Brandschutzmauer“ ausreichen, um die AfD an einer Regierungsbeteiligung zu hindern. Zum zweiten Mal rutscht Deutschland in die braune Suppe und diese Entwicklung wird sich erneut zu einem riesigen Problem ausweiten. Wer die AfD aus Freude am Untergang wählt, oder gar aus Überzeugung, sollte vielleicht an den nächsten Wahlsonntagen doch lieber angeln oder in die Kirche gehen…

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