Sind wir alle nur ja-sagende Lemminge?

Die Welt gerät aus den Fugen und wir bringen es fertig, immer wieder diejenigen zu wählen, die dafür in erster Linie verantwortlich sind. Erstaunlich.

Sich in politischen Fragen wie Lemminge zu verhalten, bringt uns nicht weiter. Auch, wenn die Viecher süß sind. Foto: Wikimedia Commons / PD

(KL) – Haben sich Jacques Dupond in Limoges und Hans Müller in Bielefeld 1914 oder 1940 gewünscht, an einem diesigen Novembermorgen einen elenden Tod auf dem Schlachtfeld zu sterben? Natürlich nicht. Daran sollte man sich im Jahr 2014 wieder einmal erinnern, in einer Zeit, in der die politisch Verantwortlichen wieder einmal die Kriegstrommel rühren und die Welt langsam, aber unaufhaltsam in den nächsten globalen Konflikt rutscht.

Einmal mehr sind in der Geschichte der Menschheit die Zutaten vereint, welche den Nährboden für solche Konflikte darstellen. Internationale Wirtschafts- und Finanzkrise, extreme religiöse Spannungen, ideologische Gräben – das sind die Faktoren, die in der Vergangenheit zu Katastrophen geführt haben. Was uns keineswegs veranlasst, einmal innezuhalten und darüber nachzudenken, wie man diesen nächsten globalen Konflikt, der schon längst begonnen hat, doch noch stoppen und verhindern könnte.

Dabei müssen wir uns allerdings auch an die eigene Nase fassen. Denn wir gehören zu den wenigen Regionen der Welt, in denen man die Möglichkeit hat, frei zu wählen, wer unsere Politik bestimmen soll. Und dieses Recht, für das Menschen in anderen Regionen der Welt kämpfen und sterben müssen, behandeln wir mit einer geradezu sträflichen Unachtsamkeit. Wir sind mit unseren „politischen Eliten“,” unzufrieden, stimmen aber immer wieder für die gleichen Kandidaten, von denen wir wissen, dass sie nicht in unserem Sinn handeln. Oder möchte wirklich jemand behaupten, dass Merkel, Sarkozy, Hollande, Lucke, Gabriel oder Fillon das Beste, Schlauste und Nobelste sind, was unsere Länder zu bieten haben?!

Indem wir die Welt, die sich gerade in einem völligen Umbruch und in einer Phase der Neuordnung befindet, wobei sich der politische und wirtschaftliche Mittelpunkt der Welt weit nach Osten verschiebt, den Unfähigen, den Korrupten, den Systemrelevanten überlassen, machen wir uns mitschuldig an dieser Entwicklung. Denn wir hätten es in der Hand, diese Leute in den Ruhestand zu schicken, tun es aber nicht. Das Ergebnis unseres tatenlosen Zuschauens bezahlen viele Menschen auf der Welt mit ihrem Leben.

Gerade im Moment, wo wir symbolische Termine begehen, des Endes, des Anfangs und der Opfer der letzten Kriege gedenken, sollte man vielleicht einen oder zwei Schritte weiter denken. In Nordkorea können sich die Menschen nicht frei aussuchen, wer ihr Land managen soll. Wir können das. Allerdings setzt dies voraus, dass wir echte Wahlmöglichkeiten haben – doch die werden von einem Parteiensystem blockiert, das völlig veraltet und verkrustet ist und nicht etwa politischen Fortschritt ermöglicht, sondern den Stillstand verwaltet.

Wir sollten den Mut entwickeln, unsere Lokalfürsten stärker in die Pflicht zu nehmen. Und sie abzuwählen, wenn sie nicht das tun, was wir wollen. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Menschen organisieren, für die Dinge neues Interesse entwickeln und sich über ihre Verantwortung bewusst werden. Wir haben es in der Hand – entweder, wir nutzen unsere demokratischen Möglichkeiten oder wir schauen weiterhin zu, wie unsere individuellen Rechte Stück für Stück abgeschafft werden, wie die Welt als einziger, großer Finanzmarkt umstrukturiert wird und wie die sozial Schwachen unserer Gesellschaften abgehängt werden – oder wir reagieren. Nicht wie die Lemminge, sondern als bewusste Bürger, die selber die Demokratie mit gestalten. Wer das nicht möchte, der darf sich eigentlich nicht darüber beschweren, wenn die Entwicklung hin zum III. Weltkrieg konsequent weitergeht.

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