So will Frankreich seine Wirtschaft wieder ankurbeln

Zwei Wochen lang wird das französische Parlament das Gesetzespaket von Wirtschaftsminister Emmanuel Macron diskutieren. Die Proteste sind vorgezeichnet.

In den nächsten zwei Wochen wird man sehen, was vom sozialliberalen Reformprogramm von Emmanuel Macron übrig bleibt. Foto: Official Leweb Photos / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Reformen sind ein schwieriges Geschäft. Denn zum einen erwarten sich die Menschen Wunderdinge (die in der Regel nicht eintreffen), man muss sich über die Widerstände derer hinwegsetzen, die eine Verschlechterung ihrer persönlichen Lage befürchten (was in der Regel auch eintrifft) und dann muss man die bitteren Pillen auch noch so verpacken, dass sie mehrheitsfähig werden. Genau das versucht jetzt der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron mit einem überraschend sozialliberalen Paket, gegen das sich bereits Proteste regen, bevor es überhaupt in der Assemblée Nationale besprochen werden konnte.

Dabei erfindet Macron das Rad nicht neu, sondern packt einfach eine Reihe sozialliberaler Maßnahmen in ein Paket, das in der Breite Wirkung entfachen soll. Die wichtigsten Eckpunkte:

* Die Sonntagsarbeit soll deutlich liberaler gestaltet werden. Bislang durften Geschäfte an fünf Sonntagen im Jahr geöffnet sein, künftig sollen es 12 Sonntage sein. In touristisch stark frequentierten Regionen und an großen Bahnhöfen sollen die Geschäfte sonntags immer öffnen dürfen.

* Die juristischen Berufe, also Anwälte, Notare und ähnliche, müssen ihre Honorare senken und die Gründung eigener Kanzleien sollen für junge Juristen vereinfacht werden. Dadurch erwartet man sich eine neue Dynamik in diesem Bereich.

* Die bislang prohibitive Reglementierung der Fernbusse in Frankreich soll gelockert werden, da man davon ausgeht, dass in diesem Bereich schnell zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen werden können und gleichzeitig das Reisen für viele Menschen billiger werden könnte.

Dazu kommen weitere Maßnahmen wie die Beschleunigung von Arbeitsrechtverfahren (wobei man zwar versteht, dass dies durchaus im Interesse der Menschen liegt, wenn solche Verfahren schneller ablaufen, doch ist unklar, inwiefern das neue Impulse in die Wirtschaft geben kann). Doch sieht es zu Beginn der Aussprachen im Parlament noch nicht so aus, als würde dieses Maßnahmenpaket einfach so von der PS-Mehrheit im Parlament durchgewunden werden.

Denn selbst die PS ist zu diesem Paket gespalten. Während der rechte Flügel der Sozialisten applaudiert, empfinden linke Parteigenossen das gleiche Paket als zu liberal – was auch die Ansicht verschiedener Gewerkschaften ist, die Macrons Vorschläge als Einschnitt in schwer erkämpfte soziale Errungenschaften empfinden. Die Ablehnung der Gewerkschaften, übrigens sowohl linker wie rechter Arbeitnehmerorganisationen, beziehen sich vor allem auf die Sonntagsarbeit und die faktische Freigabe des Fernbusverkehrs. Dass der Fernbusverkehr keine Zustimmung bei denjenigen Gewerkschaften findet, welche die Interessen der in Frankreich straff organisierten Eisenbahner vertreten, ist logisch – denn genau wie in Deutschland hat der Fernbusverkehr auch in Frankreich das Potential, der Bahn echte Konkurrenz zu machen. Folglich haben mehrere Gewerkschaften schon erste Demonstrationen angekündigt und auch mit Streiks wird in absehbarer Zeit wieder gerechnet werden müssen.

Für Emmanuel Macron ist dieses Paket die Nagelprobe – ist es möglich, der französischen Wirtschaft mit solchen Maßnahmen neues Leben einzuhauchen? Wird Macron einen größeren sozialen Konflikt auslösen? Die Sonntagsarbeit dürfte einer der Knackpunkte werden, denn lange, lange mussten sich Gewerkschaften dafür schlagen, dass der Sonntag als arbeitsfreier Tag verankert wird. Wenn dieser Status nun aufgeweicht wird, ist das für viele Gewerkschaften der Anfang vom Ende der sozialen Errungenschaften.

Es gibt zahlreiche Änderungsanträge und viel Gesprächsbedarf. Am Ende könnte aber dabei herauskommen, dass auch Frankreich einen sozialliberalen Kurs einschlägt, der ebenso auch von der Großen Koalition in Berlin verfolgt werden könnte. Bald wird man auch wissen, wie reformfähig Frankreich ist – was ein wichtiger Hinweis auf die danach anstehende Neuordnung der französischen Regionen sein könnte.

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