Sollte die EU doch ihre Fehler erkennen?

Die Europäische Kommission denkt laut über Pläne nach, ein einheitliches europäisches Asylverfahren einzuführen. Das wäre jetzt auch langsam Zeit…

Für diese Menschen müssen europaweit einheitliche Schutzregeln gelten. Foto: Mstyslav Chernov / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Europäerinnen und Europäer sind mehrheitlich entsetzt darüber, wie die EU inzwischen mit der Flüchtlingsfrage umgeht. Seit Montag läuft der Kuh- und Tauschhandel zwischen der EU und der Türkei, der nach Ansicht fast aller Experten einen klaren Verstoß gegen die Menschenrechte darstellt. Vor allem die türkischen Abschiebungen syrischer Flüchtlinge zurück ins Kriegsgebiet und die Internierung von Flüchtlingen in Lagern wie Ezurgum in der Osttürkei ruft Menschenrechtsorganisationen auf den Plan. Die zahlreichen Proteste scheinen in Brüssel zumindest den Ansatz eines Umdenkens auszulösen. Die Europäische Kommission denkt nun über Pläne nach, die Verantwortung für Asylverfahren von der nationalen auf die internationale Ebene zu holen und das Europäische Büro für Unterstützung in Asylfragen (EASO) mit weiter reichenden Kompetenzen auszustatten, um ein europaweit einheitliches Asylverfahren sicherzustellen.

Ein solches Verfahren ist auch dringend notwendig, ebenso wie die offenbar auch angedacht „Aufbohrung“ des Dublin-Abkommens, das sich seit Beginn des massiven Flüchtlingszustroms als in der Praxis kaum haltbar herausgestellt hat. Nun soll ein „Fairness-Mechanismus“ geschaffen werden, der dann greifen soll, wenn ein Land an die Grenzen seiner Aufnahme-Kapazität stößt.

Dazu ist geplant, dass Flüchtlinge künftig nach einheitlichen Standards in ihrer Schutzwürdigkeit beurteilt werden sollen, doch so gut dieser Punkt auch klingt, so wird man sehr genau hinschauen müssen. Denn so lange die EU Länder wie die Türkei oder das Kosovo als „sichere Herkunftsländer“ einstuft, könnten sich diese geplanten Regelungen auch als Rückschritt für wirklich Schutzbedürftige herausstellen.

Immerhin, auch Rechtsmittel für Betroffene soll die neue europäische Regelung vorsehen, ein „Detail“, das man in den aktuell angelaufenen Massenabschiebungen in die Türkei leider „übersehen“ hat. Doch auch hier wird man sehen müssen, wie das in der Praxis aussehen soll. Zumal bereits zu befürchten steht, dass diejenigen, die bisher eine europäische Lösung sabotiert haben, in erster Linie die „Visegrad-Staaten“ Zentraleuropas, auch einen neuerlichen Ansatz nicht mittragen werden, was dann alle zusammen wieder an den Start zurückschicken würde. Denn die Pläne der Kommission sehen vor, dass Flüchtlinge auf ALLE Mitgliedsstaaten verteilt werden, anhand der gleichen Kriterien (Größe, Aufnahmekapazität, Pro-Kopf-Einkommen etc.), die bereits im September 2015 Grundlage eines ähnlichen Beschlusses waren, der leider nie umgesetzt wurde.

Die Europäerinnen und Europäer wünschen sich, das haben Umfragen gezeigt, mehrheitlich eine europäische Lösung dieser Frage. Vielleicht ist dies eine der letzten Gelegenheiten für einen europäischen Kurswechsel, bevor sich das institutionelle Europe selbst überflüssig gemacht hat.

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