Sollten die Sanktionen nicht die russische Wirtschaft treffen?

Der Rubel steht so stark zum Euro wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dadurch, dass der Westen seine eigenen Sanktionen umgeht, stärkt er die russische Währung.

Der Rubel ist heute so stark wie seit 20 Jahren nicht - die Sanktionen bewirken das Gegenteli dessen, was gewünscht ist. Foto: Editor1821il / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Es ist erst einige Wochen her, da verkündete der Kreml-Chef Wladimir Putin, dass Öl- und Gaslieferungen ab sofort in Rubel zu bezahlen seien. Nachdem sich der Westen zunächst geweigert hatte, da die entsprechenden Verträge die Bezahlung in Euro oder Dollar vorsahen, fand man einen Trick, mit dem man die eigenen Sanktionen elegant umgehen konnte, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Doch das Ergebnis ist ziemlich genau das Gegenteil dessen, was man erreichen wollte – der Westen hat den Rubel gestärkt und auf den höchsten Stand seit 20 Jahren gebracht.

Das Prinzip der Zahlungen in Rubel, ohne dabei in Rubel zu bezahlen ist einfach. Die meisten großen Energieimporteure haben bei der Gazprom-Bank in der Schweiz Konten eröffnet und bezahlen dort ihre russischen Rechnungen in der Tat in Dollar oder Euro. Die Schweizer Filiale der Gazprom-Bank kauft dann auf den internationalen Devisenmärkten Rubel ein und leitet die Gelder der bezahlten Rechnungen in Rubel nach Moskau weiter. Somit zahlen die westlichen Energie-Importeure in Euro und Dollar, Moskau erhält sein Geld wie gewünscht in Rubel und alle zusammen stärken den Rubel und schwächen den Euro.

Der Euro, der im letzten Sommer noch bei ungefähr 1,20 Dollar stand, notiert heute bei 1,03 Dollar und die 1:1-Parität zwischen Dollar und Euro dürfte bereits kurzfristig erreicht werden. Aber ist das wirklich das Ziel dieser Sanktionen? Dass wir den Rubel stärken und dafür den Euro in die Inflation hinein schwächen? Der Kreml-Zar muss sich kaputtlachen, wenn er die Entwicklung der Zahlen sieht.

Der Weg dieser Sanktionen führt geradewegs in eine Rezession der Euro-Zone, die nicht am Horizont droht, sondern längst begonnen hat. Russland spielt an der Versorgungsschraube, legt Pipelines lahm (angeblich wegen Wartungsarbeiten…), liefert mal mehr, mal weniger, und der Westen zahlt weiterhin seine Rechnungen über die Gazprom-Bank in der Schweiz, deren massive Rubel-Ankäufe die russische Währung stärken. Dies wiederum erleichtert Russland die notwendigen Importe, die jetzt eben nicht mehr aus dem Westen, sondern aus anderen Teilen der Welt kommen.

Man könnte das Gefühl bekommen, als würden die westlichen Sanktionen vor allem den Westen treffen und hier, wie sollte es auch anders sein, die sozial schwächsten Elemente der Gesellschaft. Und die Frage sei gestattet, was Sanktionen eigentlich bringen, wenn sie von denjenigen umgangen werden, die sie verhängt haben.

Einmal mehr merkt man, dass der Westen nur noch reagiert, aber keine eigene Strategie zur Frage des Ukraine-Kriegs hat. Es ist höchste Zeit, dass der Westen an einer solchen Strategie arbeitet, klar definiert, welche Ziele man zu erreichen hofft und dann einen ebenso klaren Aktionsplan aufsetzt. Nur mit Waffen- und Geldlieferungen wird man diesen Krieg nicht beenden und so lange man sich in den westlichen Hauptstädten nicht einig ist, was man in der Ukraine erreichen und bewirken will, geht das Drama endlos weiter. Und derjenige, der diese Situation relativ entspannt verfolgen kann, ist derjenige, den man eigentlich treffen will: Wladimir Putin.

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