SPD – Patt und Matt

Die SPD hat sich selbst in eine ziemlich ungute Situation manövriert – dadurch, dass sich die Partei selbst ein halbes Jahr lang in die Wahl zwischen Pest und Cholera gehampelt hat, steht sie nun vor dem Aus.

Das ist also der neue, starke Mann der SPD... und bitte lachen Sie jetzt nicht... Foto: © Superbass / CC-BY-A-4.0 / via Wikimedia Commons

(KL) – Was war die SPD mal für eine Partei! 150 Jahre Sozialdemokratie, Kampf für die Rechte von Arbeitern und Arbeiterinnen, Vorreiter sozialer Neuerungen, Partei des Friedens, aufrechte Haltung gegen die Nazis, Versöhnerin am Ende des Kalten Krieges. Doch davon ist nicht viel übrig geblieben – die SPD ist den Weg ihrer französischen Kollegen der PS gegangen und der führt am Ende in die politische Bedeutungslosigkeit. Dass man das im Willy-Brandt-Haus immer noch nicht verstanden hat, zeigen die ersten Reaktionen der neuen Führungsspitze, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken.

Mit 53 % der Stimmen von rund der Hälfte der SPD-Mitglieder an die Spitze der altehrwürdigen SPD gewählt, kann man beim 67jährigen Norbert Walter-Borjans und der selbst in Teilen der SPD völlig unbekannten Saskia Esken nicht gerade von einem Plebiszit der Parteibasis sprechen. Schlimmer noch – die Nichtteilnahme von fast der Hälfte der SPD-Mitglieder zeigt auf, dass es selbst ihnen mittlerweile egal ist, was aus der Partei wird. Folglich wurden die beiden Neuen nur von etwas mehr als einem Viertel der SPD-Mitglieder gewählt. Der SPD-Mitglieder! Und das klingt dann doch eher nach Abgesang als nach dynamischem Neubeginn.

Als erste Amtshandlung forderten die beiden neuen ParteichefInnen im Überschwang ihres „Wahlsiegs“ öffentlich etwas zu vollmundig vom Koalitionspartner CDU Nachbesserungen des Koalitionsvertrags. Viel amateurhafter geht es kaum noch. Annegret Kramp-Karrenbauer wies dies ebenso schnell wie freundlich und bestimmt zurück. Und schon nach wenigen Stunden standen die beiden neuen ChefInnen der SPD (die noch nicht einmal vom Parteitag bestätigt wurden und daher noch überhaupt keine ChefInnen sind!) bereits vor einem kaum noch lösbaren Dilemma. Angesichts der sofortigen Absage an diese Neuverhandlungen müssten die beiden nun die SPD eigentlich aus der Großen Koalition führen, denn sie haben ihre Stimmen überwiegend im Lager derjenigen SPD-Mitglieder geholt, die für ein Ende der „GroKo“ sind. Tun sie das nicht, stehen sie bereits vor ihrer Amtseinführung als inkompetente SchwätzerInnen da. Tun sie es, steuern wir auf Neuwahlen zu. Und Neuwahlen könnten für die SPD momentan das Ende bedeuten. Schon befindet sich die neue Parteispitze im selbstverschuldeten politischen Patt. Und Matt.

Das traurige Spektakel, bei dem sich seit einem halben Jahr die Hinterbänkler der SPD ein erbarmungswürdiges Spektakel auf 22 Bühnen der Republik geliefert haben, das überwiegend in einem Austausch platter Slogans bestand, hat aufgezeigt, warum niemand mehr diese SPD braucht. Die zweite Reihe der SPD ist den Beweis angetreten, wie schlecht es wirklich um die SPD bestellt ist.

Das Zeitalter der Zwei-Parteien-Landschaft, in der gelegentlich mal die FDP als Mehrheitsbeschafferin in die eine oder andere Richtung aushalf, ist vorbei. Grüne und AfD haben die SPD längst hinter sich gelassen und die einstige Volkspartei SPD kämpft heute eher gegen die 10 %-Schwelle als um Regierungsbeteiligungen. Und selbst dabei ist sie nicht mehr immer erfolgreich.

Farbloses Führungspersonal (mal ehrlich, wenn Olaf Scholz und Norbert Walter-Borjans auf der einen Seite und Nina Gleiwitz und Saskia Erken auf der anderen das Beste sind, was diese Partei ihren Mitgliedern anbieten kann, dann hat sie auch keinen anderen Platz in der Politiklandschaft als den einer kleinen Oppositionspartei verdient…), die Aufgabe hehrer Grundprinzipien der Sozialdemokratie, Abwesenheit in den brennenden Sozialfragen unserer Zeit, keinerlei internationales Profil – wer braucht bitteschön eine solche Partei?

Die unüberlegte und überstürzte Forderung nach Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags hat die SPD noch tiefer in die Krise gestürzt und gleichzeitig gezeigt, dass die beiden „Gewinner“ eines faktisch immer noch nicht abgeschlossenen halbjährigen Auswahlverfahrens ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind. Man darf gar nicht daran denken, was es bedeutet, wenn ein so unendlich langes Auswahlverfahren so etwas zum Ergebnis hat… Es ist ein Jammer zu sehen, wie sich die Partei der Brandts, Wehners, Schmidts und all der anderen in so kurzer Zeit selbst in eine politisch unbedeutende Gruppierung verwandelt hat. Und das Schlimmste ist, dass sie es immer noch nicht gemerkt hat.

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