Sprachkompetenzen am Bau

Eine neue protektionistische Maßnahme stellt Bauunternehmen vor große Probleme: Künftig muss auf französischen Baustellen die Sprache Molières gesprochen werden.

Neben handwerklichen Fähigkeiten braucht man am Bau in Frankreich künftig auch gute Sprachkenntnisse... Foto: Dr. Meierhofer-commonswiki / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die Stadt Angoulême war die erste, die mit dieser wunderbaren Idee aufwartete: Auf öffentlichen Baustellen müssen alle Bauarbeiter die französische Sprache sprechen und wenn sie das nicht tun, muss der Bauunternehmer die Dienste eines vom Gericht vereidigten Übersetzers in Anspruch nehmen. Offiziell soll diese Maßnahme dazu diesen, die Sicherheit auf den Baustellen zu erhöhen, doch klingt das nach einem billigen Vorwand, um die lästige ausländische Konkurrenz von öffentlichen Bauaufträgen fernzuhalten. Nicht sehr europäisch, das…

Der einstmals so hochgelobte polnische Klempner muss zukünftig anständiges Französisch sprechen, wenn er auf öffentlichen französischen Baustellen Rohre verlegen will. Ein Alptraum für die gesamte Branche, in der viele Arbeiten von Subunternehmern ausgeführt werden, die ausländische Mitarbeiter beschäftigen. Falls sich Bauarbeiter auf einer öffentlichen Baustelle befinden, die des Französischen nicht mächtig sind, muss ein vom Gericht beeidigter Dolmetscher eingesetzt werden, dessen Tagessatz natürlich die Baukosten in die Höhe treibt und damit den Wettbewerb verzerrt.

Die Vorstellung, wie das in der Praxis laufen soll, ist abenteuerlich. „Wirf mir mal den Hammer ‚rüber“ – solche Sätze sollen künftig säuberlich übersetzt in Fremdsprachen die Sicherheit auf den Baustellen erhöhen. Nur, es gibt keinerlei Statistik, die aussagen würde, dass Sprachprobleme auf dem Bau eine Auswirkung auf die Unfallstatistik hätten. Im Gegenteil, Experten runzeln die Stirn und vertreten die Ansicht, dass es noch nie ein echtes Problem gewesen sei, dass ausländische Mitarbeiter am Bau arbeiten.

Besonders perfide ist, dass natürlich keine Sprachkontrollen am Bau vorgesehen sind, der Druck ist deutlich subtiler. Denn sollte einmal etwas passieren (und Arbeitsunfälle am Bau passieren nun einmal) und ein nicht Französisch sprechender Mitarbeiter involviert sein, dass wird es für den Bauunternehmer teuer, wenn sich kein Dolmetscher am Bau befand.

Dazu kommt ein weiteres Problem – die Verfügbarkeit von beeidigten Dolmetschern. Diese sind nämlich in der Regel gut mit Arbeit ausgelastet und es ist schlicht nicht vorstellbar, dass künftig die Zeitpläne öffentlicher Baustellen von der Verfügbarkeit von Dolmetschern abhängig gemacht werden muss.

Vor einigen Tagen hat auch der Regionalrat der Region „Ile de France“ die Anwendung dieser als „Clause Molière“ bezeichneten Regelung beschlossen, mit den Stimmen der Konservativen und der Rechtsextremen. Angesichts der bevorstehenden Wahlen in Frankreich ist auch das ein Zeichen – Rechte und Rechtsextreme tun sich zusammen, um die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit zu sabotieren. Nicht gerade eine ermutigende Aussicht auf das, was nach den Wahlen passieren wird…

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